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Die deutsche Arveitergesetzgebung
noch durch den übrig bleibenden Bruchteil der gesainten vorhandnen Geldmenge vertreten werden, also in ihrer Schätzung gesunken sind. Umgekehrt steigt die Schätzung aller übrigen Güter außer dem Gelde dann, wenn längere Zeit hindurch keine neue Gilterart erfunden, entdeckt, erzeugt wird; denn die größere Festigkeit, die in einem solchen ruhigen Zeitraume die Schätzung jeder Güterart gewinnt, macht die Anwendung des Geldes in entsprechendem Maße überflüssig, läßt es in seiner Schätznng sinken und also im Verhältnis zu ihm die Schätzung aller übrigen Güter steigen.
Diese Eigenschaft der zum Gelde erhobeneu Güterart, durch sich allein alle übrigen Güter insgesamt zu vertreten, ist bisher in der Volkswirtschaftslehre zu wenig beachtet worden. Dies ist der Grund, warum das Steigen des ortsüblichen Tagelohnes gewöhnlicher Arbeiter oder überhaupt das Steigen des Arbeitslohnes in Geld ausgedrückt sehr häufig zu verkehrten Schlüssen über den Einfluß dieses Vorganges ans den Wohlstand der Arbeiter führt. Das Steigen des Arbeitslohnes kann möglicherweise nur eiue Folge des zeitweiligen allgemeinen Sinkens der Schätznng des Geldes sein uud braucht keineswegs mich eine Erhöhung des Wohlstandes zu bedeuten. Ob diese eingetreten ist, kann man nur beurteilen, wenn mau den Gewinnanteil des Arbeiters vergleicht mit den Gewinnanteilen, die gleichzeitig in der betreffenden Arbeitsgemeinschaft als Grundrente, als Kapitalzins, als Unternehmergewinn ausgezahlt werden. Nur das Verhältnis, der Vergleich zwischen diesen mehreren Gewinnanteilen ist zu betrachten. Die deutsche Arbeitergesetzgebung aber muß zur Folge haben, daß sich der Gewinnanteil der Arbeit und der Unternehmerthätigkeit in den Betrieben verbessert gegenüber den Gewinnanteilen, die in der Grundrente uud dem Kcipitnlzins zum Ausdruck kommen.
Grundrente nennt man denjenigen Teil des Betriebsertrages, der dnrch zufällige, von dein Willen der Mitarbeiter unabhängige Umstände hervorgerufen wird. Solche Umstände sind bei einem Landgute der fruchtbare Boden, die günstige Lage in der Nähe einer wohlhabenden Stadt, welche stets frische landwirtschaftliche Erzengnisfe braucht. Bei einer gewerblichen Unternehmung ist es z. B. die günstig gelegene Wasserkraft oder ebenfalls die vorteilhafte Lage für den Absatz der Erzeuguisse. Die heutige Volkswirtschaftslehre wendet diesen Begriff meist nur für den Gewinn aus Landgütern in einem nicht nllzn dünn bevölkerten Lande an, der sich daraus herleitet, daß die Nahrungsmittel mittelbar oder unmittelbar nur durch landwirtschaftliche Nutzung des Bodens gewonnen werdeu können, also in einein hinreichend dicht bevölkerten Lande fast jedes Grundstück die von dem Willen des darauf arbeitenden unabhängige, schon für sich wertvolle und besondre Fähigkeit der Nahrungserzeugung und Absatzmöglichkeit dieser Erzeuguisse hat. Diese Eigenschaft hat dann das fruchtbarere Grundstück in höherm Grade, weiter aber auch, wie gezeigt wurde, nicht allein landwirtschaftliche Grimdstücke, fondern auch beispielsweise ein Grundstück