Litteratur
Charakterbilder aus der französischen Revolution. Von Arthnr Kleinschmidt. Mit acht Porträts. Wien, Pest, Leipzig, Hartlebens Verlag, 1889
Eine Gelegenheitsschrift, insofern als sie in dem Augenblicke erscheint, wo die Franzosen die Revolution feiern, die sie vor hundert Fahreil in Szene setzten. Die Charakterbilder aber, die der Verfasser (beiläufig außerordeutlicher Professor in Heidelberg) uns vorführt — es sind Montesquieu, der Verfasser des ,,Geistes der Gesetze" und der „Persische» Briefe," der zuerst die Uuhaltbarkeit des alten Regierungssystems nachwies nnd die Wege zu einer Verbesserung desselben angab, ein Überblick über die Revolution, ihr Wesen und ihren Gang, König Ludwig und seine Gemahlin in besonders ausführlicher Darstellung, Mirabeau, Necker, Dautou, der Dauphin uud die Herzogin von Augoullune —, siud nicht fingerfertig und obenhin für den. Tag gezeichnet, souderu die Ergebnisse guter allgemeiner Geschichtskenntnis, fleißigen Studiums des besondern Gegenstandes uud verständiger politischer Anschauung uud Gesinnung. Zwar läßt sich bei der Auswahl der gezeichueteu Persoueu manches hinweg- nnd einiges hinzuwünschen, wie wir denn z. B. statt der beiden letzten Kapitel lieber eine Charakteristik Nobespierres und eines und des andern Führers der Girondisten sähen, auch briugt das Buch uicht viel bei, was wir uicht schon aus Shbel und Taine wüßten. Indes läßt sich die Schrift immerhin als ein erfreulicher Beitrag zur Litteratur der betreffenden Epoche bezeichnen und empfehlen, der Licht und Schotten gerecht verteilt, während der Parteigeist in der Sache auch heute uoch viel lügt, schmiutt und verschweigt. Die beigegebeuen Porträts entsprechen dem Werte des Textes, da ihnen größtenteils gute Originalgemälde oder Kupferstiche uach solchen zu Grunde liegen.
Briefe von Goethes Mutter an die Herzogin Auna Amalia. Neu herausgegeben und erläutert von K. Heinemaun. Mit zwei Bildnissen. Leipzig, Verlag des Litterarischen
Jahresberichts, 1889
Die erste Ausgabe dieser Briefe, die vor vier Jahren als erste Schrift der Goethegesellschaft erschien., ist ganz vergriffen, uud es stellte sich das Bedürfnis mich einer neuen Auflage ein. Diese zu besorgen erklärte aber der Vorsitzende der Goelhegesellschaft für eine Sache des Buchhandels, und auf diese Anregung hin ist die vorliegende neue Ausgabe von K. Heinemann besorgt worden. Man darf ihr einige Vorzüge vor der Burckhardtscheit uachrühmeu. Die Aumerkungeu zu deu Briefe» waren bei Burckhardt ziemlich sparsam. Heinemann geht an keiner Anspielung, nn keiner Erinnerung an Gelesenes in den Briefen der Frau Rat vorüber, ohne sie zu erläutern, und znweilen mit überraschender Belesenheil. Erst dadurch gewinnt man ein volles Verständnis dieser ebenso rührenden wie urwüchsigen Herzensergüsse der prächtigen Mutter Goethes. Aber Heinemann thut uoch mehr, er ergänzt die trotz aller Unmittelbarkeit doch durch das Gefühl der Schreiberin, daß sie an eine hohe Fürstin schreibe, etwas beengte Mitteilsamkeit dnrch Parallel- steilen ans Briefen der Frau Aja an andre Personen, z. B. an den von ihr sehr geliebten Schauspieler Großmnnn, Stellen von höchstem Seelenadel, und damit weiß