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Die deutsche Arbeitergesetzgebung : 5. Die Einrichtungen und Behörden der Arbeitsgemeinschaften
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Die deutsche Arbeitergesetzgebung

sich in Preußen cm die Gemeinden und Gemeindevcr bändecm. Die Behörden der letztern können gleichzeitig die Behörden der hinsichtlich des Gebietes mit ihnen zusammenfallendem Verufsgenossenschaften sein und sind es auch wvhl meistens. Die Gemeinden gelten fast als Betriebsherren, indem sie die Ver­sicherungsbeiträge zwar nicht aus eignen Mitteln zahlen, wohl aber für ihre Abführung haften. Diese Einrichtung entspricht einmal der Thatsache, daß eine landwirtschaftliche Unfallversicherung ganz vornehmlich nach der Verschiedenheit der örtlichen Betriebsarten, also nach Gauen und Landschaften, abzugrenzen ist, ferner aber auch dem Umstände, daß Gemeinden und Gemeindeverbändc eben­falls auf dem Zusammenschluß wirtschaftlich verbundener Betriebe beruhen, deren wichtigste und zahlreichste eben die landwirtschaftlichen sind. Diesem Vorbilde hat sich die Alters- und Jnvalidenversichernng angeschlossen. Die Invalidität, nämlich die dauernde Minderung der Arbeitsfähigkeit durch Siech­tum vor jenem Alter, wo es ganz allgemein uach den körperlichen Eigenschaften des Volkes auch unter günstigern Lebensbedingnngen einzutreten pflegt, hängt wesentlich ab von der Beschäftigungsart des Arbeiters. Die Gefahr des Siechtums (Invalidität) könnte man daher als einen Gegenstand der Unfall­versicherung bezeichnen, sobald man nämlich das Wort Unfall nur in einem gewissen weitern Sinne versteht. Das Siechtum kann aber, das ist selbstver­ständlich, auch ohne Einfluß der Beschäftigung nach der gegebenen leiblichen Beschaffenheit des Arbeiters eintreten. In diesem Falle wäre das Siechtum dasselbe wie eine Krankheit, und es müßten also die Krankenkassen helfen. Weil es nun gar nicht möglich oder doch höchst schwierig ist, zu unterscheiden, welcher der beiden Fälle vorliegt, so hat man für die Siechtumsgefahr besondre Versichcrungseinrichtungen vorgesehen; oder es hat vielmehr das Neichsgesetz hierüber den Bundesstaaten die Pflicht auferlegt, solche Einrichtungen, Ver­sicherungsanstalten, für den jedesmaligen ganzen Bundesstaat oder für weitere Gemeindeverbände innerhalb desselben zu schaffen. In ihrer örtlichen Aus­dehnung schließen sich also diese Einrichtungen an die landwirtschaftlicheil Berufs­genossenschaften an; auch bei ihnen bilden die landwirtschaftlichen Arbeiter ja fast überall den überwiegenden Teil der Versicherten. Auch hier zeigen sich die Gemeindeverbände in ihrer Eigenschaft als eine Gesamtheit wirtschaftlich verbundener Betriebe. In Versicherungsanstalten, die das gleiche Gebiet um­fassen wie die weitem Gemeindeverbünde und mich wohl sonst mit ihnen in Verbindung gebracht werden mögen, werden die Arbeiter aller Betriebe unter­schiedslos gegen Siechtum und gegen Alter versichert, nachdem sie irgendwo im Dienste der Volkswirtschaft als Hilfsarbeiter eine gewisse Zeit lang thätig gewesen find. Es würde unmöglich sein, die Siechtums- und Altersversicherung an die bestehenden Krankenkassen oder Bernfsgenossenschaften unmittelbar an­zuschließen, weil es bei der bestehenden Freizügigkeit und Gewerbefreiheit zu unendlichen Streitigkeiten führen würde, welcher Krankenkasse oder Bernfs-