Maßgebliches und Unmaßgebliches
Allgemeine» deutschen Sprachvereins schon recht weit gegangen ist! Auch für I'row- hat Haeckel ein deutsches Wort; er setzt dafür .Zellstoff/' was. obwohl recht gut passend, sich leider nicht eingebürgert hat.")
Die vorstehenden Beispiele bilden nnr eine kleine Auslese, willkürlich nnd planlos herausgegriffen. Sollte aber dieses alles nicht darauf hinweisen, das; nicht bloß die Möglichkeit deutscher Bezeichnung hier vorliegt, sondern anch das Bedürfnis darnach von dein Forscher enipsnnden wird, der sich dem Gebildeten verständlich machen null? Liegt nicht eine stillschweigende Anerkennung eines solchen Bedürfnisses in der mitgeteilte» Thatsache, mag auch Haeckel nicht daran gedacht haben, als er seinen Name» »nler das ihm dargebotene Schriftstück fetzte?
Die .-Zeichen mehren sich, daß die Inhaber der Name» unter der „Erklärung" zu», Teil falsch berichtet gewesen sein müssen. Ernst Haeckel ist sicherlich einer von ihnen; denn nach seiner Schreibweise könnte er ganz wohl Mitglied des Sprachvereins sein, ohne gegen dessen Satzungen zu verstoßen, Die nebenbei von ihm geübte Anwendung der obige» griechischen und lateinischen Ansdrücke als wissenschaftlicher Kunstausdrücke wird auch im deutschen Spachverein niemand anfechten; aber die. angeführten Beispiele dürften genügen, um zu zeigen, daß sie nicht unentbehrlich sind, daß gerade sie vielmehr nnr einen Notbehelf bilden, geboten lediglich im Nutzen des geistigen Gesamtverkehrs verschicdner Böller. Eben darum aber dürfeu sie anch nnr ein Nebenbehelf sein; der stärkste Reiz auf die Denkfähigkeit znm schnellen und unmittelbaren Verständniß wird eben anch bei dein Gelehrten stets durch Worte der eignen Sprache ausgeübt. Freilich müssen bei etwaige» Neubildungen die Mittel der Sprache mit besonder», Berständniß angewandt »'erden; aber daß „sprach- nnd sinnwidrige" Schnellgebnrten nicht aufkommen, dazu ist ja eben der Sprachverein da; und er wird sicherlich eine zuverlässigere Abwehr gegen dergleichen bilden, als allgemeine Anschnldignngen ohne Hintergrnnd nach Art der Erklärung der Achtundvierzig.
Im übrige» wäre die Wiederbelebung so mancher im Verkümmern begriffener Bildnugstriebe' uusrer Sprache n» sich ein Gewinn, selbst wen» hi» nnd wieder einmal eine »«vorsichtige „Schnellpriignng" mit nnterlanfen sollte. Die Gewohnheit mag eine solche wohl zuweilen mit i» den Kauf nehmen, jedenfalls aber thut sie es dann ohne dauernde Schädigung der Sprache. Hat sie sich anch Bildungen wie „KleinkinderbeN'ahranstalt." „Meistbegiinslignngsverlrag" oder „Unfallverhütungs- ansstelluug" gefallen lassen, so werden doch derartige Wortungetüme von den, guten Geschmack immer als Mißgeburten empfunden werden, und wir können sie bei einigem guten Willen immer »och ausscheide», eben »'eil ihre Mängel dnrch die deutsche Form offen zutage liegen. Mit Fremdwörtern ähnlicher Art ist eS anders; sie sind nicht so greisbar uud darum zäher, so lange sich unser Sprach- Nefühl nicht in, allgemeinen gegen sie auflehnt; ein Ungetüm wie „Transsnbstantiativns- theorie" geht da ganz ungehindert mit dnrch. Sie bedrohen das Leben unsrer Sprache, das wie alles Leben nur da »nieder erweckt werden kann, wo es wenigstens w'ch schlummert, nicht, wo eS bereits entflöhe» ist. Ernst Haeckel wir dem deutschen Sprachverein gewiß Recht darin geben, daß der Perein sorge» will, ehe ^' spät wird, damit anch hierin „die Sprache nicht verarme."
- hat daneben „Ccllulvse" „Zellstoff/' was bekanntlich einen, ander» Begriffe
'Ipncht und nicht den ursprünqlichcu Pestnndstvff der Zelle, sondern ein späteres Um- "?""'5SerAeuaiiis, den Zcllwandstvff, bezeichnen svll. Übrigens weudet Haeckel anch deu 5"Mt „Lebensstvff" für I>rotc>xlusio^ au, der vielleicht jetzt eher neben beiverwendbnr wäre. Grenzbvten III 1889 24