Litteratur
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gebenden Versammlung las diese Notiz und erinnerte sich wieder an sie, als im August desselben Jahres Gnndct seinen Antrag auf Erteilung des Bürgerrechts an Ausländer, die sich um die Freiheit verdient gemacht hätten, vorbrachte. Er schlug den Dichter des Fiesko vor, uud da sich kein Widerspruch erhob, so wurde neben Wilberforce, Washington, Kosciusko, Campe und Anarcharsis Cloots auch Schiller jener „Ehre" gewürdigt. Der Schreiber der Sitzungsberichte beging den berüchtigten Fehler, den Namen Schiller in Giller zu verändern, die Redaktion des Uouitsur, der diese Schreibung zu wenig fremdartig erschien, druckte Gillers, und das ZZnIIötin clos I>ois endlich nur Gille. Unter diesem Namen ging denn auch am 10. Oktober das von Roland angefertigte, von Clavivre und Danton gezeichnete Diplom nach Deutschland ab, gelangte aber erst fünf Jahre später an seine Adresse.
Von den Dichtungen Goethes mußte, so meinen wir, keine die Franzosen so fremd anmuten wie der Götz. Gleichwohl wurde dieses Stück sieben Jahre nach seinem Erscheinen das Vorbild für ein Schauspiel, dessen Stoff aus der ältern elsässischcn Geschichte entnommen war. Es ist gleichfalls in Prosa geschrieben und führt dcu Titel: I^a. (-luorro ü'^l88.ee xouüimt, Is g'ra,nä sobisms ä'OLLidout torminv xa,r la, inort äu vaillant, e-omw Hug'Uös 8urnomms 1<z solAa,t äo 8-uut,-l?iorr<z. Der Verfasser war ein junger Elsässer, Baron Ramon de Carbonnisres. Er hatte sich in seiner Gcburtsstadt Straßburg zu derselben Zeit wie der um sechs Jahre ältere Goethe aufgehalten und wurde, wie Süpfle sagt, „auf der dortigeu Universität von dem frischen Hauche des deutschen Denkens und Fühlcns erfaßt." Zu einem der bekanntesten Führer des „Sturm uud Drang," zu Lenz, stand er jedenfalls in näherer Beziehung, denn er hat diesem ein audres Werk seiner Feder gewidmet. Als er die Kusrro cl'^Isav-z herausgab (1780), war er geheimer Rat des Fürstbischofs Rohnn. In der Vorrede sagt er ausdrücklich, daß er die geschichtlichen Stücke von Shakespeare, die politischen Tragödien von Bodmer, deu Götz und den Franz II. des Präsidenten Hvncmlt als Muster gewählt habe. Süpfle nennt das Stück „stofflich überladen, schwerfällig und interesselos."
So wie der mittelmäßige Gcßner in der vorhergehenden Periode der deutsche Schriftsteller war, der in Frankreich am meisten gelesen und bewundert worden ist, so waren es in dieser wieder zwei Schriftsteller, deren Ruhm heute gleichfalls sehr zweifelhaft geworden ist: Kotzebue, dessen „Menschenhaß und Reue" sehr viele Übersetzungen erfuhr und — wohl mit etwas mehr Recht -— E. T. A. Hoffmann. Doch braucht man daraus kein geringschätziges Urteil über das französische Lesepublikum abzuleiten; anch bei uns in Deutschland habcu diese beiden mehr Verehrer gefunden als Goethe uud Schiller. Nur daß die Kritik sich ihnen gegenüber etwas kühler und scharfblickender gezeigt hat.
430 deutsche Vornamen als Mahnruf für das deutsche Volk zusammengestellt von Hermann Voll. Leipzig, Gustav Fock, 1889
Der gute Gednuke, gegenwärtig ciu Verzeichnis altdeutscher Voruamcu mit beigedrucktcr Bcdeutuugsaugabc herauszugeben, wäre vielleicht wirkungsvoller gewesen, wenn statt der etwas hochtrabenden und ausschließlichcu Empfehlung lieber eine Geschichte und Würdigung der Namengebung im allgemeinen beigegcben worden wäre. Dann hätte der Verfasser selbst eingesehen, daß eine Namengebuug bloß nach ihrer Bedeutung in der nationalen Sprache nur in der isolirtcu Jugend der einzelnen Völker und ihrer Sprachen möglich uud durchführbar war. Als mit dem Absterben und den Neubildungen der Sprachen die Bedeutuugen unsicher oder gar nicht