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Jordans Gddanbersetzung
komisch, wenn der Übersetzer dem Dichter der ^.tlalcvibcla. „die verwegensten Härten, Worterfindungen und Gewaltthaten gegen die Grammatik (!)," dem Verfasser der lliimäbiswüi „unerhörte Wortbildungen nnd grvbe Sprachfehler" vorwirft — Dinge, die lediglich bei Jordan, nicht aber in dem Urtexte zu finden sind. Daß er sich an diesem auch durch Konjekturen versttudigt, die von blühendem Uusinu strotzen, wird hiernach nicht wunderbar erscheinen. In „Oddruns Klage," Strophe 21, wird z. B. ein ganz unverdächtiges und gut erklärbares Wort (onlbit) angefochten uud statt dessen eine Form vm-cllüt eingesetzt, die von einem Verbum lioräbii herkommen soll, das Jordan einfach erfunden hat.
Dilettanten sind bekanntlich groß im Etymvlogisire», und Jordan leistet auch hierin das menschenmögliche, so z. B. wenn altnordisch it', „Zweifel," mit neuhochdeutsch Eifer kvmbinirt wird, wnntv (d. i. Zahngeschenk) mit der Danfana des Taeitus, bnipn-i, „den Kopf hängen lassen," mit unserm „knicken" u.a. Der Name Attila, der von klarster Durchsichtigkeit ist (er bedeutet bekanntlich Väterchen), wird zu neuhochdeutsch „Adler" iu Reziehnng gesetzt; in dem Ortsnamen U'ög.tün, den Jordan nicht zu erklären weiß, obwohl seine Bedeutung längst sicher ermittelt ist, soll gar der biblische Noah stecken u. s. f.
Jordans A und O ist, wie schon angedeutet, die Kvpenhagener Eddaausgabe, deren letzter Band im Jahre 1828 erschien. Daß iu dcu zwei Menschenaltern, die seitdem verflossen sind, die Wissenschaft nicht stillgestanden, sondern in der Textkritik, der Wort- und Spracherklärnng, der Sagenforschung, der Grammatik und Metrik erhebliche Fortschritte gemacht hat, kümmert ihn nicht. Er führt zwar ein paarmal die gruudlegeude Ausgabe der Edda von Bugge an, hat es aber in keiner Weise verstanden, sie eingehend zu stndiren nnd auszunutzen. Eine so ausgezeichnete Leistung wie Müllenhosfs Kritik uud Erklärung der Vowttpä, ist für ihn nicht vorhanden, er Hütte sich sonst nicht durch die kostbare Note zu Strophe 35 dieses Gedichtes eine so arge Blöße gegeben. Daß ein Strom Schwerter lind Messer mit sich führen soll, geht über seinen Horizont, obwohl ein Kenner der germanischen Sage, wofür Jordan doch gelten will, es hätte wissen oder doch ans Müllenhvff hätte lernen sollen, daß bei Saxo Grammnticus und in der Visio (lväöse^loi ebenfalls von einem solchen Flusse berichtet wird. Da die neuere Litteratur beharrlich unbeachtet geblieben ist, so sind längst abgethane Erklärungen von Jordan wieder aus dem Schutt der Vergessenheit nnsgegraben worden, wie z. B. die „himmlischen Rosse" in der fünften Strophe der VoluLxä, die lange allen Interpreten ein Rätsel gewesen ist, bis vor einigen Jahren durch Hoffory eine ansprechende und wahrscheinlich richtige Dentnng gefunden wnrde.
Auf wissenschaftlichen Wert kann also die Jordansche Eddaübersetzung nicht den geringsten Anspruch machen, aber auch als dichterische Leistung muß sie als verfehlt und geschmacklos bezeichnet werden. An Stelle der kernigen Kürze