Akademisches Studium und allgemeine Bildung
Sonne und Wind sind auf diesem Gebiete seit langem ungleich verteilt. Die oft verschwenderische Freigebigkeit, mit der die Staatsregiernngeu deu uatur- wisseuschnftlicheu Fächeru alle Bedingungen zu freudigem und erfolgreiche»'. Schaffen gewähren, hat mit dazu beigetragen, die philologisch-historischen Fächer weiten Kreisen als für deu Staat weniger wichtig uud daher der Förderung minder würdig erscheinen zu lassen. Diese Meinung aber bleibt natürlich nicht ohne Einsluß anch auf die akademische Jugend. Wer sich dem Studium der Ehemie, der Physik, der Zoologie u. s. w. widmet, erhält gegen ein kaum nennenswertes Honorar einen der zahlreichem Plätze in dein betreffende» Lnbv ratorinm oder Institut uebst deu nötigen Studieuobjekten sowie alle Justru mente nnd Hilfsmittel unter sachkuudigster Auleituug ans Staatsmitteln ge^ liefert, während für dreißig, vierzig und mehr Jünger der historisch-philologische» Richtung ein Buch, das sie alle gleich nötig brauchen, meist nur in einein Exemplar auf der Bibliothek vorhanden ist, deren Benutzbarteit zudem hinter der Zugäuglichteit nnd liberalen Ordnung jener Institute weit zurückzubleiben pflegt. Ist es da zn verwundern, daß auch die studirende Jugend diesen ärmlichen Fächern mit einem gewissen Vorurteil entgegentritt? Auch von diesem Gesichtspunkte aus ist es daher dringend geboten, daß dieser Ungleichheit ein Ende gemacht werde, iudem die bisher benachteiligten Fächer ähnlich gut gestellt nnd ihnen ähnlich günstige Bedingungen des Strebens gewährt werden. Bei der Bescheidenheit ihrer Forderungen ist das möglich ohne besondre Belastung des Staates nnd ohne daß den bevorzugten Fächern von dem bisher geuvsseneu etwas wesentliches entzogen zu werden braucht.
Mit solch äußerer Hilfe aber ist es natürlich nicht gethan. Die erwähnten Mängel gründlich zu beseitigen, gilt es andre Mittel und Wege aufzufinden.
Ohne einen gewissen Zwang wird uach der Meinung mancher überhaupt uichts auszurichten sein. Aber der Zwang soll dabei doch auch der akademischen Freiheit nicht zu nahe treten, wie die Freiheit des Lehreus, so svl! auch die des Lernens bestehen bleiben, und die Universität soll nicht zur Schule werden, wozu hie nnd da ohnehin schon eine gewisse Gefahr vorhanden ist, seit man die Mängel, die auch in der Fachbildung gewisser Berufskreise hervorgetreten sind, dnrch starke Betonung des seminaristischen Betriebes der Studien zu heben sucht, natürlich nicht ohne den Wert der vornehmsten akademischen Lehrfvrm herabzusetzen.
So hat mau u. n. den Borschlag gemacht, der Vernachlässigung der allgemeinen Bildung abzuhelfen durch die Rückkehr zu dem ehemaligen System der Zwangskvllegien. Daß deren Aufhebuug ihr Bedenkliches hatte, mag zugegeben werden; aber vvu ihrer Wiedereinführung wäre eine Wirkung doch uur dann zu erwarten, wenn feststünde, daß die betreffenden Kollegien, bei denen ein Zwang zunächst nur in Bezug auf die Annahme obwaltet, auch wirklich besucht uud mit Erfolg gehört würdeu. Aber selbst davvn abgesehen