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vorhandenen Bedürfnisses abhängig geinacht werde. Die Frage, ob ein Bedürfnis vorhanden sei, läßt sich nur nach den örtlichen Verhältnissen beantworten; nichts wäre unzweckmäßiger, als, wie es jetzt vielfach verlangt wird, schablonenhaft zn bestimmen, das; nur auf eine gewisse Anzahl Einwohner je eine Schenke kommen dürfe, da oft kleinere Orte mit viel Fremdenverkehr mehr Gasthäuser brauchen als gleich große oder selbst größere Orte ohne Verkehr. Auch wird man die Bedürfnisfrage nicht so streng stellen wollen, daß sie nur bejaht werden dürfe, wenn die Reisenden oder sonstigen Gäste in den vorhandenen Gastwirtschaften und Schenken überhaupt kein Unterkommen mehr finden könnten; ein gewiffer Spielraum muß den entscheidenden Behörden gestattet sein. Die Forderung, für den Branntweinschank eine besondre Genehmigung neben der für den Wirtschaftsbetrieb zn verlangen, erscheint mir gegenüber den Bestimmungen der Neichsgewerbevrdnung überflüssig, da es die entscheidenden Behörden ja in der Hand haben, die Genehmigung für unbeschränkte Schankwirtschaft oder für eine solche ohne Branntwein zn geben. Das vielfach ausgesprochene Verlangen, daß Spiritnosen mir in besondern, hierfür bestimmten Ränmen ausgeschenkt werden sollen, geht zn weit; man müßte dann, wenn mau Rnm zum Thee oder nach einer langen, kalten Schlittenfahrt einen Grog oder nach Ersteigung eiucs hoheu Berges einen .Knickebein trinken will, sich in die Schnapsstnbe setzen, was doch bei ernsthafter Betrachtung der Angelegenheit niemand verlangen wird. Diese Getränke stehen aber mit dem Branntwein ans einer Stufe, nur mit dem Unterschied, daß der Branntwein meist von weniger vermögenden, diese Getränke aber von vermögenderen Leuten genossen werden. Dies Verlangen ans Errichtung einer Schnapsstube gemahnt lebhaft an die Zeit vor dreißig bis vierzig Jahren, wo man in gewissen feineren Wirtschaften, wenn man Bier trinken wollte, in die Kutscher- ftnbe gehen mußte. Das Bier hat doch gesiegt, und so würde es mit dem Branntwein nud dessen Verwandten anch werden, wenn man keine andern Mittel hätte, als die, die Spiritnosen trinken wollen, in besondre Ränme zu verweisen. Zweckmäßig aber ist der Vorschlag, daß ein Ausschaut von Spiritnosen oder ein .Kleinhandel damit nicht mit einem andern Kleinhandel Verbünde» sein solle; denn erfahrnngsmäßig sind die Kleinhandluiigen, wo neben Kolonialwareu, Zigarren nud dgl. Spiritnosen in beliebigen kleineren Mengen abgegeben werden, die gefährlichsten Kneipen, da der verschämte Trinker unter dem Vorwand, eine Zigarre oder sonst eine Kleinigkeit zu kaufen, da hineingeht. Diese Geschäfte sind um so bedenklicher, als sich die Rechtsprechung dahin entschieden hat, daß es nach Lage der Gesetzgebung den Besitzern freistehe, zu dulden, daß die Käufer die gekauften Spirituoseu auf der Stelle trinken. Man kann daher in jeder Stadt, ja auf manchem Dorf eiuen oder mehrere Lädeil bezeichnen, die als geheime Schnapskueipen dienen. Ich würde aber in dieser Richtung noch weiter gehen und verlangen, daß Spiritnosen anders als in fest