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Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Koburg-Gotha. 1
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Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aobnrg-Gotha 1l»f>

Preußens überspannter Wehrkraft und hofft auch darin Veränderung hervor­bringen zu können."

Mittlerweile waren in Dresden die Hauptverhandlungen über die Organisation der Bundesbehörden zu einer Art von Stillstand gekommen, da die Verständigung Mischen Preußen und Österreich über sie erst durch persönlichen Meinungs­anstausch zwischen Schwarzeuberg uud Mantenffel, die jetzt abwesend waren, herbeigeführt werden sollte. In der dritten nnd vierten Kommission hatte man zwar fleißig über Zoll- und Handelsfragen nnd über Errichtung eines Bundes­gerichts beraten und viel schätzbares Material aufgehäuft; da aber die Haupt­frage, die Organisation der obersten Vollzugsbehörde sich fortwährend mehr verdunkelte und verwirrte, so begann die Meinung um sich zu greifen, daß der Schluß der Konferenzen vor der Thür sei. Mantenffel hatte jetzt entdeckt, daß die Fortdauer im Gruude uicht hindern werde, den Bundestag in alter Gestalt wieder zn eröffnen, und ließ diese Entdeckung als Vorschlag nach Wien gehen. Schwarzenberg hoffte in Dresden nichts erhebliches mehr erreichen zn können nnd ließ seinen dortigen Vertreter Graf Buol wochenlang ohne Weisungen, sodaß die Leitung der Verhandlungen stockte, und man sich in den Sitzungen mit kleinen Zwischenfällen behelfen nnd sich über eine indiskrete Veröffentlichung der Protokolle und über den Urheber einerabscheulichen" Flugschrift über die Konferenzen erbosen mußte, als der uns jetzt Karl Samwer genannt wird. In der fünften, sechsten und siebenten Plenarsitzung gab es nnr akademische Betrachtungen über eiu Bundesgericht nnd die Handelssachen und eine Beratung über das Honorar für den österreichischen Protokollführer und die sächsischen Kanzelisten, die die Ratlosigkeit der Staatsmänner im Palais auf der Angnstus- straße bei ihren müßigen Debatten bedient hatten. Der Abgrund der Nichtig­keiten that sich langsam auf, um die Konferenz aufzunehmen. Ursprünglich wollte mau sie am 1. Mai klanglos hinabsinken lassen. Da kam plötzlich die Nachricht, daß Schwarzenberg nnd Mantenffel bei der Sache mitwirken wollten und den Wunsch hegten, die dirigirenden Minister der Bundesgenossen die Feierlichkeit dnrch ihre Gegenwart verherrlichen zu sehen. Der 15. Mai wurde jetzt zu einer Plenarsitzung anberaumt, in der die Vertreter der beideu Groß­mächte der Idee der deutschen Einheit ihre Leichenreden zu halteu beabsichtigten. Die für den 15. angesetzte Sitzung begann früh 10 Uhr. Nach einer kurzen Ansprache Schwnrzenbergs wnrde über die Anträge der verschiedenen Kommissionen abgestimmt. Von Österreich wurden sie mit Ausnahme des von der vierten .Kommission gemachten Vorschlags im wesentlichen angenommen, wobei Schwnrzen- berg erklärte, Österreich wolle keine Volksvertretung im Bunde, betrachte sie jedoch als vffue Frage. Gegen ein Bundesgericht finde es an sich nichts zn erinnern, halte aber den Vorschlag schon deshalb zu sofortiger Annahme für nicht geeignet, weil er einen wichtigen Pnnkt der Zusammensetzung des Gerichts unerledigt lasse. Die Erklärung Preußens hatte nur gegen den Bericht der Grenzboten II 1889 14