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gedeihen könnte, aber auch nicht so warm wie die Thalcbene. so daß die Früchte doch später reifen und eine ziemlich verschiedene Knltnr brauchen, liegt wie manches andre Dorf das kleine Altcnmoos des Roseggerschen Buches, wohl auch sein eigner Geburtsort Alpel bei Krieglach, unweit Graz. Das Dorf besteht ans kaum mehr als zwauzig Häusern oder Familien, Es hat keiue Industrie, auch keinen Verkehr, da es abseits von der Heerstraße liegt, nicht einmal einen eignen Pfarrer, weder eine Kirche noch einen eignen Friedhof, Aber seit alten Zeiten ernähren sich die Altenmooser schlecht>nd recht von ihrer Scholle, die sie selbst bebauen, sind freie Männer und haben im Gruude wenig Sorgen. Da tritt die Goldgier wie ein Elementarercignis verderblich unter sie, und das Altenmoos verschwindet nach und nach in zunehmender Wildnis. Ein Millionär hat sich nämlich gerade diese Gegend znr Anlage eines großen Wildparkes ansersehen. Damit das Wild gedeihe, müssen die Menschen den Platz räumen. Die Nähe der Menschen macht das Wild scheu, auch schädigt das Wild umgekehrt die Anpflanzungen der Banern; um diesen fort­währenden Gegensatz zu beseitige», will der Millionär das ganze, kleine Dorf Altcnmoos aufkaufe», die einzelnen kleinen Bauernhöfe uach einander erwerben, wozu er im Grunde gar nicht viel Geld braucht; mit dem Opfer von hunderttausend Gnldcn ist alles sein Eigentum. Der Millionär (der übrigens während der ganzen Erzählung uie aus dem Dunkel heranstritt) schickt demnach seine Agenten ans, die vvu Mann zn Manu in Altenmoos gehen, um die einzelnen Grundstücke auf­zukaufen. Im gauzeu haben sie ein sehr leichtes Thnn. Die Altenmooser lassen sich alle von dem Zauber des baren Geldes anstcckeu, das sie niemals in größcrn Summen beisammen gesehen haben. Die naheliegende Erkenntnis, daß das baare Geld schnell verbraucht wird, nnd daß sie dann in die um so schlimmere Hörigkeit der Tciglöhncr, Fabrikarbeiter, Kohlengräbcr u. dgl. geraten müssen, geht ihnen allen zusammen ab. Wer sich stränbt, wird entweder mit List oder in einem Augenblick der Geldklemme oder durch die Stimmuug der Mehrheit zum Verkauf seines Erbgutes veranlaßt, der Millionär erreicht sein Ziel, der Wald wird immer größer und das Wild in ihm immer zahlreicher.

Nur ein einziger Mann in Altenmoos hat die Gefahr des Geldes von An­fang an richtig erkannt, das ist der Jakob Renthvfer, der zweitreichste im Dorfe, der Held unsrer Geschichte. Er hängt mit unzerreißbarer Trenc an der ererbten Scholle: ihm erscheint jede Trennung in die Fremde schlimmer als der Tod: er ist, kurz gesagt, die ideale Verkörperung der Heimatsliebc Nvseggers. Wenn alle Bauern hinauf, nach einem höhern Stande streben, so bleibt er mit Stolz das, was er ist, ein Bauer; weun alle vom Waudcrfieber ergriffe» werden, bleibt er ruhig daheim, ohne Bedürfnis, die weite Welt zu seheu. Er thut alles mögliche, seine Genossen aufzuklären, vor der Gefahr zu warueu; aber es ist umsonst. Der reichste Altenmooser macht den Anfang: ein filziger, schlechter, Kerl, Junggesell, der gar keinen Sinn für Gemeinsamkeit hat. Die übrigen machen es ihm langsam ""ch. Jakob Neuthofcr muß deu Schmerz erleben, daß ihm sein eigner ältester Sohn in die Fremde davonläuft; wie alle ältesten Knaben nnf dem Nenthof ist auch dieser auf deu Namen Jakob getauft. Darum ist der Vater Jakob vom Dichterder Letzte" geuaunt worden. Er bleibt auch der letzte Altenmooser. Das ganze Dorf ist verlassen, der Reuthvf ist ein Einödhof geworden, von der übrigen Welt durch Waldwilduis abgeschuitten. Wie kann er da allein gedeihen? Wie kann er allein die Straßen zum nächsten Markt im Stand halten? In der Not­wehr gegen das zudringliche Wild wird Jakob ein Wildschütz, und da er sich die Verwalter jenes Millionärs durch seine Hartnäckigkeit ohnedies zu Feinden ge-