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Wolf Baudissin :
(geb. den 30. Januar 1789)
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Wolf Baudissm Z2I

Der erstaunte Arzt willigte nach mancher Widerrede ein, verlangte aber zuvor die Benachrichtigung des Hansherrn. Dieser kam. und soweit es das Persönliche Recht betraf, die Teilnahme nn jenem Bündnisauftrag zu verweigern, widersprach er nicht. Aber, meinte er, dazu brauche es keines Verstümmelns, dergleichen Auskunftsmittel seien Sache militärscheuer Kvnskriptionspflichtiger; vielmehr empfehle sichs, in einem Briefe an deu König die bereits vorgetragene Bittenach reiflicher Überlegung" schriftlich zu wiederholen, und zwar mit dem Hinzufügen, man unterwerfe sich jeder Strafe uud erwarte hier den Ausgaug. Und auf Graf Baudissins Einwand denn er war es, von dem ich erzähle sein gütiger Wirt werde durch einen solchen Brief unfehlbar mit in die Unter­suchung verwickelt werden, lautete Graf Reventlows patriotische Antwort:Das würde ich als eine Ehre betrachten!"

Wie die Sache weiter verlief, werde ich noch berichten. Ich habe mit diesem kleinen Ereignis aus Baudissins Leben begvunen, weil unter den Lesern dieser Blätter den wenigen, denen das Glück seines Umgangs noch zn teil geworden ist, vor allem das Bild seiner späten Jahre vorschweben wird, und weil wir immer nur zu sehr geneigt sind, eine ungewöhnlich hohe Empfänglich­keit für die schönen Künste für etwas auznscheu, woneben energische Charakter­eigenschaften znrückzntreten pflegen. Ich blicke nun zunächst ans Baudissins Kindheit.

Sein Großvater war Gouverneur vvu Dresden, und seine Großmutter eine Zinzendors, eine Nichte des ja auch aus Dresden, aus der Pirnischen Vorstadt, stammenden Stifters der Herrenhuter Gemeinde. Sein Vater, Graf Karl Ludwig Baudissin, ebenfalls kursächsischer Militär, hatte infolge eines tödlich verlaufeneu Duells seiuen Abschied genommen uud war in den dänischen Dienst übergetreten. Wie bekannt, war damals so ziemlich der ganze Kopen­hagener Hof- und Regierungsdienst noch in den Händen des Schleswig- Holsteinischen Adels. Mit einer Holsteinerin, einer Gräfin Dernath, verheiratete sich denn mich der Vater Baudissins, uud so verlebten die Kinder dieses Paares ihre Sommer auf dem schönen holsteinischen Familiengute Rantzau, während die Winter anfangs in Kopenhagen, später in Berlin zugebracht wurde», wo von 18011806 der Vater als dänischer Gesandter thätig war.

Beide Eltern hatten eine treffliche Erziehung genossen uud wareu von musterhafter Lebensführung. Dem Hauslehrer ihrer fünf Kiudcr, Friedrich Kohlrausch, wurde daher die ihm zugefallene Aufgabe nicht allzu schwer. Ein Briefchen, das der Knabe Wolf in seinem sechsten Jahre au seinen Bater schrieb, schalte ich hier ein; es hat einen gar so treuherzigen Ton.Guter Vater, Nun mnßt Dn nicht mehr glauben, daß ich krauk bin. Gestern war ich zum erstenmale mit Mutter im Garten, und spielte nachher mit den Brüdern auf dem Hof. Mutter hat mir Dam gelehrt, und auch ein wenig unbedeutend Schach. Ich wohne jetzt in Deiner Schlafstube- und da doch Jane sagt, ich

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