Deutschland und das Slawentum
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Zukunft; sie sind der europäischen Kultur zurückgewonnen nach Jahrhunderte langer Entfremdung; sie bilden eine sichere Grundlage für den Einfluß Österreichs auf der Balkanhalbinsel dar; sie werden wahrscheinlich in naher Zeit einen wertvollen Teil des österreichischen Gebietes darstellen. Serbien ist in ein für beide Teile vorteilhaftes Verhältnis der Angliedernng zu Österreich getreten. Bulgarien, Rumänien finden äußere Sicherung und wirtschaftlichen Rückhalt in Österreich. So hat sich Österreich ein großes Gebiet für seine wirtschaftliche Arbeit in einer Zeit erschlossen und in gewissein Maße gesichert, in der die meisten andern Staaten den Mangel solcher nahen Wirtschaftsgebiete in fernen Weltteilen mühsam und notdürftig zu ergänzen bestrebt sind. Deutschland hat fvgar eben nnter diesem Vorschreiten Österreichs im Osten mittelbar zu leiden gehabt, indem Rußland seit 1878 sich uur immer fester wirtschaftlich abschloß. Dafür weiß es seine Ostgrenze für den Fall eines französischen Krieges durch Österreich geschützt oder doch wesentlich entlastet. Der wirkliche, unmittelbare Vorteil der seit 1877 geschaffenen Lage ist auf Seiten Österreichs. Anderseits bedarf Österreich zur Sicherung jener seiner zukunftsreichen Donaustellung durchaus des deutscheu Schutzes, und so kann es kaum ein Bündnis geben, das so sehr von wirklichen Interessen gefestigt und so wenig von persönlichen Meinungen abhängig wäre, als der Buud vou 1879.
In diesem Bunde haben Herrschsucht, Ehrgeiz, Chauvinismus keinen Raum, wie sie in früherer Zeit die höfische Politik beseelten oder in neuer Zeit die Volksleidenschaft mancher Länder entflammt haben. Der Bund sichert die friedliche Kulturarbeit im europäischen Osteu gegen eben jene Herrschsucht des Slawentums, die nicht durch das Recht höherer Kultur geadelt ist. Er schützt Europa davor, von Franzosen und Slawen erdrückt zu werden. Nur das feste Zusammenhalten von Deutschland nnd Österreich-Ungarn kann den Druck vou West und Ost, der täglich zu einem Kriegsbunde zwischen der russischen Despotie und der herrschsüchtigen Republik führen kann, abwehren. Wenn wir von Österreich staatlich getrennt worden sind, so wollen wir nicht auch das Band nationaler Knltur zerreißen lassen, das eine tausendjährige Geschichte geschaffen hat. Die nationale Wegelagerei hat ohnehin in Europa den friedlichen Austausch der Knlturkrüfte ins Stocken gebracht, ja die Sicherheit eines gesitteten Verkehrs der Völker nnter einander erschüttert. Wohin werden wir geraten mit dem hohlen Nativnalitütsschwindel unsrer Zeit? Mit diesem ent- geisteten sogenannten Prinzip, das die rohe Gewalt zur Herrschaft ruft? Die Nationalität ist eine hohe sittliche Kraft, aber nur soweit sie der Ausdruck nationaler Kultur ist; die Barbarei ist darum noch nicht berechtigt, weil sie national ist, noch verdient sie deshalb Achtung, weil sie die Macht von Millionen hinter sich hat.
Der Kampf mit dem Slaventnm ist für uus Deutsche eiu nationaler Kampf nm nnsre Stellung als Kulturvolk im europäischen Osten. Denn die