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der Menschen erkennt er zugleich ein wirksames Mittel zur sittlichen Erziehung des Staatsbürgers. Nichts ist in dieser Beziehung merkwürdiger als seine Entwürfe znr Gründung von Sozietäten, Pläne, die ihn sein ganzes Lcbcnlang erfüllten, deren Verwirklichung er bei jeder sich bietenden Gelegenheit anstrebte. Ich beziehe mich zunächst auf zwei der frühesten, nach O. Klopp um das Jahr 1670 entworfen. Der eine ist der „Grundriß eines Bedenkens von Aufrichtuug einer Sozietät in Deutschland."
Diese Anstalt soll nicht bloß .Künste uud Wissenschaften vermehren, den Buchhandel und was damit in Zusammenhang steht, das Bibliothekswesen leiten, die medizinische Wissenschaft, namentlich die Chirurgie verbessern, sondern auch Manufakturen und Kommerzien unterstützen. Nicht also die Pflege der abstrakten Wissenschaft, sondern ihre Anwendung auf das geistige und leibliche Wohl der bürgerlichen Gesellschaft ist das Ziel.
Alle darauf hingehenden Wünsche will Leibniz durch die Landesregenten und die Behörden erfüllt sehen. Einem Herrscher thut daher not zu erfahren, in welcher Lage sich seine Unterthanen befinden, welche Beschäftigungen sie haben, welche Hilfsquellen das Land in sich birgt, damit er erkenne, wo er die Hebel zu einer segensreichen Thätigkeit anzusetzen habe. So weist Leibniz zum erstenmal in Deutschland, kcmu man sagen, auf den Wert der Statistik hin, wozu in andern Staaten, wie in Frankreich und England, bereits Anläufe gemacht waren. Er wünscht für den Landesherrn die Einrichtung von Staatstafeln, in denen alles zu finden sei, „was bei jeder Gelegenheit zu betrachten sei, und dessen man sich als eines der bequemsten Instrumente zu eiuer löblichen Selbstregieruug bedienen könne" — eine Unterweisung über Handel und Wandel, über alle andern menschlichen Professionen und Lebensarten. Wie sich Leibniz eine solche graphische Darstellung der für einen Regenten wichtigen Diuge und Verhältnisse dachte, ersehen wir ans einem Schriftstück don seiner Hand mit der Überschrift: „Statistische Fragen über das menschliche Leben und Verwandtes," und in einem sogenannten Staatsvorschlage, die sich beide ergänzen und zum Teil dasselbe bringen. Ihren Inhalt bezeichnet er auch als politische Topographie oder Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Landes, der Städte, Flecken, Dörfer u. s. w. Da soll festgestellt werden: die Zahl der Menschen, die Verhältniszahl der Männer zu den Frauen, wie viel Kinder auf die Verheirateten kommen, die waffenfähige Mannschaft, das Durchschnittsalter der Menscheu, das Verhältnis der Sterbefälle zu den Geburten; ferner die Melioration des Landes dnrch Trockenlegung von Sümpfen, die Anpflanzung von Bäumen, das Aussäen von Klee und Kartoffeln; wieviel Land unbebaut sei; die Bewohuer des Landes nach ihren Berufsklasfen geschieden; Ausfuhr und Einfuhr, Wert der Dinge und Wertveränderung; alle Rohwaren oder Materialien, die im Lande beruhen; alle Manufakturen oder Sachen, die im Lande durch Knnst zuwege gebracht werden; was man im