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Das neue Gesetz über die Schutzgebiete.
unsern Kolonien für die nächsten Zeiten auf Erträgnisse nicht zu rechnen hat, und daß die Aussaat wesentlich ihre Hoffnungen auf die Zukunft setzen muß. Nnn hat freilich das Kapital und namentlich das Großkapital auch nationale Pflichten; es darf nicht bloß den nächsten und eignen Vorteil im Auge haben, es muß auch Opfer zu bringen verstehen. Aber wie dem auch sei, jeder, dem die Reichspolitik kolonialen Charakters am Herzen liegt, wird es als richtig anerkennen, wenn die Gesetzgebung jedenfalls dem Kapital die Mittel und Wege in der bequemsten Weise ebnet, damit es sich in die Schutzgebiete in reichlichem Maße ergieße. Die deutsche Gesetzgebung aber hat für die gesellschaftliche Vereinigung des Kapitals weder überseeische noch Kolonialgebiete im Auge. Von vornherein ist es klar, daß sich niemand mit seinem ganzen Vermögen an einein gewagten Geschäft, wie es eine Anlage in den Schutzgebieten ist, beteiligen wird; er wird verständigcrweise dies nur bis zu einem bestimmten Betrage thun. Die für eine solche gesellschaftliche Vereinigung gegebene Form ist nach deutschen: Rechte die Aktiengesellschaft, welche durch die Novelle vom 18. Juli 1884 eine Unigestaltung erfahren hat. Diese Umgestaltung erfolgte im Hinblick auf den Mißbrauch der sogenannten Gründerjahre; sie hat strengere Vorschriften für die Gründung erlassen lind die Haftung des Vorstandes wie des Verwaltnngsrates geschärft, endlich dem Einzelaktionär oder doch der Minderheit Befugnisse gewährt, welche diese Haftung — zumal da sie auch dnrch Strafvorschriften unterstützt ist — für viele Leute bedenklich erscheinen läßt. So viel steht fest, daß die Akticnnovelle sich einer großen Abneigung gerade in den Kreisen des Großkapitals erfreut, und mit dieser Thatsache muß man rechnen, denn nur dieses ist es, welches den Kolonien Baarmittel zuzuführen berufen und in der Lage ist. Die großen Kvlonialgesellschaften: die Neu-Guinea-Kvmpagnie, die Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrika, die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft und die Witugescllschaft haben sämtlich die Form der Aktiengesellschaft abgelehnt und sich unter Privilegirung des Königs von Preußen als juristische Personen gemäß den Vorschriften des Preußischen Allgemeinen Landrechts gebildet. In dem Reichstage ist sowohl von dem Abgeordneten I)r. Meyer (Jena) wie von dem Kommissar des Bundesrats Wirklichem Legationsrat Dr. Kayscr sehr ausführlich erörtert worden, daß die Abneigung des Kapitals gegen die Aktienform bezüglich kolonialer Unternehmungen auch sachlich begründet ist. Es würde aber den Leserkreis dieser Zeitschrift nicht interessiren, wenn hier die Gründe, welche wesentlich juristischen Charakters sind, näher erörtert würden. Beide Redner haben auch ausgeführt, daß die Form einer preußischen Korporation doch nur ein Notbehelf ist. Zwar die von einigen Schriftstellern angeführten Gründe, daß diese Form reichsgesetzlich unzulässig sei und daß die Gesellschaften von selbst unter das Aktiengesctz fallen, sind von dem Negierungsvertreter in völlig zutreffender Weise widerlegt worden. In der That giebt es in Preußen eine Reihe von Korporatiouen, deren Mitglieder mir auf eine beschränkte Summe