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die Beziehungen der Schutzgebiete zum Reiche noch so, wie wenn die letztem zum Auslande gehörten; für unsre deutschen Schiffe insbesondre ist es notwendig, daß sie in den Schutzgebieten dieselben Rechtsgeschäfte und Erklärungen abgeben, wie in fremden überseeischen Gebieten. Diesem Bedürfnisse entgegenkommend läßt das Gesetz es zu, daß iu den Schutzgebieten Beamte bestellt werden, welchen die den Konsuln im Auslande zustehenden Befugnisse übertragen werden können. Wer zehn Jahre im Auslande verweilt, ohne in die Matrikel eines Konsulats eingetragen zu sein, verliert seine Reichsangehörigkeit. Dieselbe Gefahr trat ein für diejenigen, welche sich in den Schutzgebieten aufhielte», da diese nicht zum Neichsiulcmde gehören. Die vorerwähnte Frist konnte auch durch einen Aufenthalt in den Schutzgebieten nicht unterbrochen werden. Dieser Ncchtszustaud lag weder im Interesse der Reichsangehörigen, noch in dem der neuen Kolonien. Das gegenwärtige Gesetz hat den Übelstand beseitigt und uach den erwähnten Beziehungen die Schutzgebiete dem Jnlcmde gleichgestellt. Ja das Gesetz ist noch weiter gegangen, indem es zuläßt, daß Ausländern wie Ein- gebvrnen die Neichsangehörigkeit verliehen werden kann. Vom wirtschaftlichen Standpunkte ist diese Neuerung zu billigen, denn sie bildet den Anfang einer staatsrechtlichen Verbindung der Kolonien mit dem Mutterlande und ist ein Mittel, Ausländer in die Schutzgebiete zu ziehen oder an sie zu fesseln. Für Eingeborne wird der Erwerb der Neichsangehörigkeit eine Belohnung sein und ihnen nur dann erteilt werden, wenn sie sich zu einer gewissen Kulturstufe emporgearbeitet haben. Dies gilt namentlich bezüglich des Christentums und der ehelichen Verhältnisse. Weil für die nächste Zeit die Erteilung der Neichsangehörigkeit an Eingeborne nicht zu erwarten ist, in einzelnen Schutzgebieten aber solche vorhanden sind, welche Schifffahrt treiben, so sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, solchen Eingebornen das Recht zur Führung der Reichsflagge zu verleihen. Vom juristischen Standpunkte ist die Gewährung der Neichsangehörigkeit an Ausländer oder Eingeborne, welche im Schutzgebiete wohnen, etwas Ungewöhnliches. Nach dem bisherigen Neichsrechte ist die Neichsangehörigkeit keine unmittelbare Eigenschaft des Deutschen, sondern wird durch die Angehvrig- keit zu einem Bundesstaate bedingt. Schon die Elsaß-Lothringer nehmen in dieser Hinsicht eine Sonderstellung ein, weil Elsaß-Lothringen kein eigentlicher Bundesstaat ist; noch mehr erscheint die Ausnahme in die Augen fallend für die Bewohner der Schutzgebiete, weil diese noch der staatlichen Form und Bildung entbehren.
Die wirtschaftlich wichtigsten, von dem Reichstage beschlossenen Zusätze betreffen die Rechtslage der deutschen Kolonialgesellschaften. Um die hier maßgebenden Gesichtspunkte nach Verdienst zu würdigen, bedarf es einer eingehenderen Erörterung. Die wirtschaftliche Nutzbarmachung der Schutzgebiete, ihre Erschließung für die Zivilisation liegt dem Mutterlande und dem aus diesem fließenden Kapital ob. Dabei ist nicht zu verkennen, daß die Kapitalanlage in
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