David Beronski.
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hatte, doch dem Vater däuchte es dunkel — das Licht, dem er Wärme und Helle verdankte, war verschwunden.
11.
Der Wind wehte noch immer über die weite Steppe, kräuselte das Wasser des Teiches zu kleinen Wellen und raschelte in den Schilfbüscheln des Sumpfes, doch Nebekka verstand nicht, was er sagte. Ihr Haar war schneeweiß, ihre Gestalt verfallen und ihre Augen trübe von den vielen Thränen, die sie seit dem Verschwinden ihres Sohnes geweint hatte.
Besser, er ist tot, als daß wir durch ihn Schmach erlebt hätten! lautete Salomes Trost. Ihr Blick ruhte kalt auf der trauernden Mutter, und zornig wandte sie ihr finsteres Antlitz ab.
Rebckkas Herz lehnte sich gegen solche Härte auf. Sie sehnte sich nach dem Kittde, dessen Glück ihre Sorge, dessen Lächeln ihr Glück gewesen war. Die frühere Liebe zu Salome erstarb durch Salomes Härte, und in demselben Maße erstand die Liebe zu David aufs neue. War sie doch nie erloschen, nur verschattet durch den Zorn des Augenblicks. Je mehr sie Salomes Härte und Lieblosigkeit an sich empfand, nmso größeres, tieferes, innigeres Mitleid mit dem Dahingegangenen erfüllte sie. Eine nagende Neue erwachte in ihr über diese von ihr herbeigeführte Heirat. Zu welchem Lose hatte sie David gezwungen und verdammt!
Es war ja richtig, die Kinder sollten nach der Eltern Willen heiraten, aber David war nicht wie die gewöhnlichen Knaben und jungen Männer seines Stammes gewesen, und das hatte sie anerkannt, als sie ihn sortgeschickt, ihn der hiesigen Schule entzogen, ihm das Leben unter andern Verhältnissen gezeigt hatte. Hatte er nicht deshalb glauben müssen, auch sie habe andre Ansichten, die den seinigen mehr entsprächen?
Hätte sie die Worte des Fluches nicht über ihn gesprochen, alles wäre vielleicht noch gut geworden. Ja hätte sie Geduld mit ihm gehabt, er wäre >hr, der Mutter, bei der er ja stets nur Liebe und Güte gefunden, doch noch gefolgt, wäre hier geblieben, hätte geschwiegen — wenn Salome geschwiegen Hütte. Nein, Salome hätte ihn doch verraten. Aber in diesen Tod hatte ihn der Mntterfluch getrieben.
Salomes frühere Liebe zu David hatte sich in glühenden Haß verwandelt. Das Bewußtsein, dem so viel jüngern, gelehrten und angesehenen Manne durch ihr Alter und ihr Äußeres nicht gleich zu stehen, hatte sie stets gedrückt; jetzt rächte sich ihr beleidigter Stolz, ihre gekränkte Eitelkeit durch die Verachtung, die sie auf ihn ausströmte. Daß sie dazu einen genügenden Grund hatte, erfüllte sie mit unsäglicher Genugthuung, denn nie hatte sie es überwunden, stets mehr gegeben zu haben, als verlangt, ja gewünscht worden war. Alles das Grenzboten I. 1383. 63