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Ein böser Geist im heutigen England. 1.
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Gin böser Geist im heutigen England.

nur eine pharisäische Überzeugung von der hoch erhabenen Stellung Englands erklären kann.Dieses Beispiel von Pharisäertum wird doppelt interessant, wenn wir den merklichen Kontrast der damaligen Stellung Preußens mit seiner jetzigen ins Auge fassen. Denn heutzutage macht die bei der Ernennung

des Prinzen von Wales zum preußischen Feldmarschall die Entdeckung, daß es eine Ehre für England ist, wenn der Thronerbe preußischer Offizier ist." Whitman kommt dann im weitern Verlaufe auf den Antagonismus zu sprechen, der zwischen dem Fürsten Bismarck und gewissen englischen Staatsmännern vermutet wirddem Fürsten Bismarck, dem ernsten, starken Manne nach Carlyles innerstem Herzen, und unsern Kniffe liebenden, geschwätzigen, Pharisäischen Nachtischrednern. Läßt sich ein größerer 'Kontrast denken? Es ist wahr, Fürst Bismarck soll eine gebieterische Natur sein, und den britischen Pharisäismus könnte es wohl verdrießen, daß sein Name in eine Betrachtung rein englischer Tugend eingeführt wird, wenn nicht beide Parteien im Staate sich neuerdings so viel Mühe gegeben hätten, ihn zn versöhnen, daß die Erwähnung seines Namens beinahe sicher gestellt wurde. Nun denn, so wie er ist, läßt er nicht vermuten, daß er sich in den Dnrchschnittstypus kasuistischer Geschwätzigkeit oder geschwätziger Kasuistik verlieben wird, welche bei uns oft für staatsmän­nische Eigenschaften Dienst thut. Die Gründe für die bei ihm vermutete Ab­neigung müssen tiefer gesucht werden. Sie liegen so dicht beim Pharisäismus, wie der Apfel beim Baume. Sie entspringen unbewußt den Gefühlen übel verhehlten, halb mit Verachtung verwandten Mißfallens, welches ein Mann, der seine Existenz und die seines Souveräns und seines Volkes auf den Ausgang einer Schlacht gesetzt hat, gegenüber einer plutokratischen Klasse fühlen muß, die Geschlechter hindurch nur Leben und Gut andrer Leute gewagt und bei dem Verfahren immer profitirt und sich bereichert hat. Daß ein Mann von der Art Bismarcks mehr Sympathie mit der herrschenden Klasse in Österreich, Frankreich und Nußland empfinden muß, welche wie seine eigne in unsrer Zeit mit dem Schwerte in der Hand ihr Leben auf den Fall der eisernen Würfel gesetzt haben, heißt nur sagen, daß Blut dicker als Wasser ist. Aber es ist nicht bloß der Mangel einer gemeinsamen Bluttaufe, welcher die oben erwähnte Abneigung des Fürsten Bismarck erklärt, es kommt noch der pharisäische Hochmut hinzu, mit welchem bis auf die neueste Zeit unsre Führer fremde Behörden, politische wie soziale, behandelt haben. Bismarck ist nicht rachsüchtig, besitzt aber ein treffliches Gedächtnis, und seine Erfahrungen in Petersburg, Frankfurt u. dergl. könnten ohne Zweifel zu vielem, was wir an ihm für unerklärlich halten, den Schlüssel liefern. Natürlich ist unsre Täuscherpresse bereit, schon über den bloßen Gedanken spöttisch zu lächeln, daß ein so hervorragender Mann von persönlichen Beweggründen bestimmt werde, aber es ist ganz einerlei, da an­zunehmen ist, daß sie es uicht um nichts thun, wenn es sich trifft, daß sie Hand in Hand mit den vermutlichen Interessen seiner Politik gehen. Er ist