Kleinere Mitteilungen.
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fügiges Vorkommnis zu halten, das man nicht zu hart ahnden dürfe, und neigt sich der geringsten Strafe zu.
Die vorstehenden Ausführungen wollen, wie gesagt, die in dem erwähnten Aufsatz gemachten Darlegungen nicht bekämpfen, im Gegenteil, sie erkennen sie als vollberechtigt an. Sie sollen nur den Zweck haben, darzulegen, daß die Neigung der Gerichte, gerade in Bcleidigungssachen besonders geringe Strafen zu erkennen, in unsrer Gesetzgebung und in unserm ganzen öffentlichen Leben eine viel größere Förderung erfährt, als durch die einseitige privatrechtliche Ausbildung der Richter. Letztere mag die Gerichte geneigter machen, den durch die Gesetzgebung und das öffentliche Leben verbreiteten Anschauungen Rechnung zu tragen, allein die wahren Ursachen liegen nicht in ihr, sondern in den hervorgehobenen Nebelständen.
Das jüdische Schächten. Die Sitte oder vielmehr Unsitte des jüdischen Schächtens hat im Frühjahr 1837 den deutschen Reichstag einige Stunden beschäftigt. Dem Gegenstande trat vor andern näher der Marburger Abgeordnete Dr. O. Böckel, der einstweilen eine Fraktion für sich allein bildet, sich aber mit der Hoffnung trägt, daß die nächsten Neichstagswahlen ihm eine Anzahl von Gesinnungsgenossen zuführen werden. Bei der etwas turbulenten Art, mit welcher er vorgeht und redet, ist es begreiflich, daß er auf energischen Widerstand stößt; man muß es aber doch füglich bedauern, daß sich jedesmal ihm gegenüber der Versuch erneuert (vcrgl. die letzten erregten Debatten vom Dezember und das Auftreten des Abgeordneten Eugen Richter gegen Dr. Böckel), ihn förmlich durch Hohn und Spott tot zu machen. Sein Wahlkreis und ganz besonders dessen ländliche Bewohner wissen ihm nachzurühmen, daß er es sich sehr angelegen sein läßt, dem Umsichgreifen des jüdischen Wuchertums mit aller Kraft entgegen zu arbeiten, und daß er in Verbindung mit zahlreichen Gesinnungsgenossen praktische Maßregeln ergreift, um den Zwischenhandel, der den Bauersmann ausbeutet, beiseite zu schieben und dadurch einen Stand möglichst über Wasser zu erhalten, der schlechterdings nicht zu Grunde gehen darf, wenn nicht die Grundsäulen des sozial-staatlichen Lebens ins Wanken kommen sollen.
Wenn man sich daran erinnert, daß in einem uns sehr naheliegenden Wahlkreise (Gießen) seiner Zeit bei einer Reichstagswahl der Fortschritt, die Tabakshändler, das Judentum und der Ultramontanismus brüderlich Hand in Hand gingen, so geht einem ein Licht auf über die Herzlichkeit, mit welcher z. B. Dr. Wiudt- horst und Eugen Richter für das Judentum iu die Schranken treten nnd alle Angriffe von vornherein abschlagen möchten, mit welchen der „liebe Jude" von dieser und jener Seite behelligt wird. Zweck dieser Zeilen ist es, ins Klare zu stellen, wie nötig es ist, daß einzelne Abgeordnete öffentlich vor allem Volke bestehenden Mißständen auf den Leib rücken, gleichviel, ob dabei ein Christcnmensch seine berechtigten Hiebe empfängt oder — ein Jnde. Auf Grund sorgfältig festgestellter Thatsachen geben wir einen Beitrag zur jüdischen Schächtfrage.
In einer Stadt Mitteldeutschlands, die zugleich Sitz eiuer Universität ist, wurde jüngst mit Aufwand von bedeutenden Mitteln ein neues Schlachthaus gebaut; es wurde in sehr netter nnd zweckmäßiger Weise eingerichtet nnd sein Gebrauch für alle Fleischer zur Zwangssache gemacht. Da die Stadt ihre 20 000 Einwohner zählt, ist selbstverständlich der Fleischverbrauch recht bedeutend; zudem holt sich die zum Teil wohlhabende Nachbarschaft ihren Fleischbedarf aus der Stadt.
Von allen Seiten wird uns nun das Unbegreifliche gemeldet, besonders auch von solchen Viehverkäufern, die selber an Ort und Stelle Zeugen der Vorgänge