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Der deutsche Bund.
gelegen; die schlimmsten Aufwiegler und Hetzer, die Vorkämpfer auf den Barrikaden, waren entweder keine Deutschen (Balunin, Mieroslawski), oder es waren Demokraten, denen der Patriotismus und das Nationalgefühl fast gänzlich fehlte; hatten sie überhaupt für ein Volk Sympathien, so galten sie, nach dem Vorgange von Heine u. s, w,, Frankreich; übrigens jagten sie politischen Utopien nach und hingen höchstens „an dem Traume der deutschen Republik," um den Ausdruck eines damals beliebten Liedes anzuwenden. Aber die überwiegende Mehrzahl der gemäßigten Männer, welche sich für Freiheiten uud Volks rechte erwärmten und dafür eintraten, waren doch gute Patrioten, und wenn sie auch meistens für die praktische uud gar für Realpolitik eine geradezu bewunderungswürdige Unfähigkeit an den Tag legten, so meinten sie es doch redlich mit ihren patriotischen Bestrebungen, und das Beste des Vaterlandes lag ihnen am Herzen, wenngleich die Wege, die sie einschlugen und vorschlugen, um zu diesem Ziele zu gelangen, beweisen, daß ihr politischer Verstand sehr wenig geschult, ihr politisches Denken ziemlich unklar und verworren war.
Die Bewegung zu einer Um- und Neugestaltung unsers Vaterlandes begann im Südwesten. Dort hatte seit langem ein kräftigeres, politisches Leben geherrscht als in dem übrigen Deutschland, und zwar infolge der ständischen Versammlungen, die wenigstens einige Redefreiheit gewährt hatten, wenn man auch die liberalen Kammerredner, wie Nottcck und Welcker, nicht allzuernst nehmen mnß. Am 27. Februar 1848 fand in der Nähe von Mannheim eine große Volksversammlung statt, auf Betreiben und unter Leitung des alten Jtzstein. Das gab die Anregung. Darauf trciteu einundfünfzig Männer, meist liberale Kammermitglieder aus Südwestdeutschland, in Heidelberg zusammen, um „über die dringendsten Maßregeln für das Vaterland" zu beraten. Sie erklärten eine Nationalvertretung für dringend notwendig, setzten einen Ausschuß von sieben Männern ein (Gagern, Welcker, Römer u. s. w.) und forderten zu einer größern Versammlung vou Abgeordneten und sonstigen Notabilitäten auf, die in Frankfurt zusammentreten sollte. Das war am 5. März 1848. Acht Tage darnach brach der erste blutige Aufstand in Wien aus, der mit der Flucht Metternichs und der Verlegung des Hofes nach Innsbruck endete (13. bis 15. März). Drei Tage später fand der traurige Straßenkampf in Berlin statt; die tapfern Truppen verließen unbesiegt die Hauptstadt auf Befehl des Königs. Friedrich Wilhelm IV. hielt den bekannten Umritt mit der schwarz-rot-goldnen Armbinde und erließ den Aufruf: „An die deutsche Nation," in welchem er erklärte, die Leitung der Angelegenheiten für die Tage der Gefahr übernehmen zu wollen, und in welchem sich die unselige Redensart von dem „Aufgehen Preußens in Deutschland" findet (18. bis 21. März). Also auch in Prenßen hatte die Revolution einen zeitweiligen Erfolg errungen. In München hatte am 20. März Ludwig I. die Negierung niedergelegt. In denselben Wochen hatten in Kurhessen, in Sachsen, Hannover, Nassau, Mecklenburg Volkserhebungen stattgefunden; überall