David Beronski.
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allerlei in den weiten Falten seines Kaftcms. Dann blickte er hinaus nach dem Himmel und spähte nach der Windrichtung. Der Himmel war ziemlich wolkenlos, nur im Osten lag eine dunkle Wolkenwand, die für später Regen verhieß. Einzelne Sterne blinkten zwischen leichten Wölkchen herbor, von keinem Mondenscheiu zurückgedrängt. Der Wind, der über seiu Antlitz strich, schien weniger kalt als vorhin.
Es muß sein, sagte er lcint, nahm ein weiches Tuch, welches Scilome im Zorne beim Hinausstürzen fortgeschleudert hatte, und ging dann mit vorsichtigen, leisen Schritten durch das Haus bis in das Gemach, wo die gemeinschaftliche Schlafstätte war.
Auf einem niedrigen Polster lag Salome, neben ihr die beiden Kinder. Sie hatte beide mit den Armen an sich gedrückt, doch der Schlaf hatte ihre Glieder gelöst, ihre Arme lagen nun schlaff auf dem Lager, und im unruhigen Kinderschlafe hatten sich die Kleinen von ihr abgewendet. Das flackernde Licht eines Lämpchcns warf unruhige Schatten über die Schlafenden.
Leise auf den Zehen stahl sich David an das Lager, kniete nieder, schob vorsichtig den Arm unter die kleine Nahel, und indem er sie sanft an sich zog, warf er mit einer rascheil Bewegung das Tuch über sie — gerade im richtigen Augenblicke. Schon hatte sich das kleine Kindercmtlitz weinerlich verzogen, da wurde sie leidenschaftlich an das laut pochende Herz ihres Vaters gepreßt, ein Kuß und ein leise geflüsterter Zuspruch beruhigte sie. Die halb geöffneten blanen Augen fielen wieder zu, sie schmiegte sich in die weichen Falten des Tuches und schlief weiter.
David atmete tief ans — die Hälfte seines Planes war gelungen. Nachdem er das Tuch um sich befestigt hatte, so daß Nahel geborgen ruhte und doch seine weitern Bewegungen nicht hemmte, versuchte er mm auch die kleine Nebekka von Salomes Seite zu ziehen. Aber vielleicht war sein Griff doch nicht so sicher, seine Hand durch die Last, die er trug, gehiudert — die Kleine schrak bei der ersten, leisen Berührung zusammen. Salome erwachte durch einen Laut, den das Kind ansstieß, streckte halb schlafend die Hand aus, zog sie näher uud legte den Arm um sie.
Regungslos war David in der halb gebückten Stellung geblieben, er wagte kaum zu atmen. Die Zeit drängte. Erwachte Salome vollends, so war sein Plan rettungslos gescheitert. Anch warten durfte er nicht länger, weun er nicht alles aufs Spiel setzen wollte.
In heftigem, innern: Kampfe blieb er unentschlossen stehen. Da regte sich Nahel uud versuchte ein Ärmchen frei zu bekommen. Noch eine Minute Zögerns, uud auch sie mußte ihm wieder verloren sein.
Noch einmal blickte er auf Salome herab. Ju dem Halbdunkel erschien ihr Antlitz noch finsterer und drohender als sonst. Sie hatte die eine Hand zusammen geballt auf den Busen gelegt, die Stirn war in strenge Falten gezogen, die schmalen Lippen fest zusammen gepreßt.