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David Beronski.
gehaßt, seine andre Erziehung beneidet und getadelt hatten, nun ihre Stimmen damit vereinigten. Er hörte im voraus, wie sich die Bosheit und der Haß Luft machten und sein Los besiegelten. Er wußte mehr als einen Fall, wo Abtrünnige verschwunden — getötet — ermordet worden waren.
Er fürchtete den Tod nicht. Er hätte ihn als eine Erlösung aus dem qualvollen Wirrsal seines Lebens angesehen. Auch seiner Mutter wegen beklagte er ein solches Ende nicht mehr, hatte sie ihm doch geflucht und hätte sie ihn doch lieber tot als in einen Christen verwandelt gesehen.
Und doch hatte sie ihn geliebt, wie er seine Kinder liebte!
Seine Kinder! Was sollte aus ihnen werden, wenn man ihn getötet haben würde? Im alten Glauben — sagte er sich — würden sie heranwachsen, mit ihm, dem Vater, würde jede Möglichkeit schwinden, daß auch ihnen die Binde von den Augen genommen werde. Die Kinder standen in all ihrer Lieblichkeit und Unschuld vor seinem Geiste, und eine unbeschreibliche Sehnsucht, auch sie mit hinweg nehmen zu können aus diesem schweren Leben, erfüllte ihn. Für ihn hätte das Leben keinen Reiz mehr gehabt, selbst wenn er das gewisse Ende jetzt nicht vor Augen gesehen hätte. Er sehnte sich nach Ruhe. Aber seine Kinder! Er wußte, man würde sie lehren, seiner mit Haß und Verachtung zu gedenken! Was konnte er dagegen thun? Ein Schrei nach Erleuchtung, nach einem Fingerzeige stieg aus seinem gequälten Herzen zum Gekreuzigten empor. Nicht für sich, für seine Kinder bat er, die er in diesem Augenblicke zum erstenmale als Kinder des Herrn, als mit seinem Blute erkauft betrachtete.
Uud wie eine Antwort kam eine Eingebung über ihn. Er richtete sich auf, feine Augen leuchteten, seine Wangen brannten vor Erregung. Die Hände gegen die Stirn gepreßt, dachte er nach.
Seine Ergebung, zu sterben und sie zu verlassen, erschien ihm feige und schwach, seines möglichen Zieles unwürdig. Hatte er nicht die Pflicht, sich für sie zu erhalten und dadurch der Möglichkeit Raum zu geben, auch ihnen den Weg zur Erkenntnis zu bahnen?
Er hörte Schritte, hörte Thüren auf- und zugehen, dann wurde wieder alles still. Salome war also wieder gekommen und vermied ihn, auch für seiuc Mutter war er nicht mehr da.
Der Schmerz ergriff ihn wieder. Seiner Frau zürute er nicht, sie handelte nur, wie sie es nach ihrer Erziehung, ihren Anschauungen, ihrem ganzen bisherigen Leben thun mußte, aber er fühlte sich von ihr innerlich frei und geschieden. Eine Gemeinschaft kvnnte zwischen ihnen nie wieder sein. Er wußte, daß sie kalt, vielleicht sogar mit Genugthuung zusehen würde, wenn man ihn ergriff und festnahm.
Er horchte — alles Geräusch war verstummt, nur der Wind stieß von Zeit zu Zeit heftig gegen die Fenster.
David zog seine Schuhe aus, schlich lautlos im Hause umher und barg