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Kleinere Mitteilungen.
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Litteratur.

Zweierlei also würde um das Gesagte zusammenzufassen durch die vorgeschlagene Aenderung erreicht werden: 1. Die neue höhere Einheitsschule würde iu der Hauptsache nur von genügend befähigten Schülern besucht werden und gäbe allen denen, welche sich dem Studium zuwenden wollten, aber auch allen, die sonst eine höhere, zugleich klassische und reale Bildung für sich wünschen, die gleiche Vorbildung; die leidigeNealschulfrage" verschwände von der Tagesordnung, und zwar so, daß die maßvollen Vertreter beider Parteien zufrieden sein könnten. 2. Diejenigen Schüler, welche sich bisher vorwiegend ans äußern Gründen ans die Gymnasien und Realgymnasien drängten, erhielten nun in der Mittelschule eine leichter erreichbare uud gleichzeitig auch abgeschlossenere und sür sie angemessenere Bildung.

Das wären, wie mir scheint, Vorteile, welche genügen, diesen Vorschlag wenigstens einer ernstlichen Erwägung wert erscheinen zu lassen. ^ x

Litteratur.

Johann Elias Schlegels ästhetische und dramaturgische Schriften. (Deutsche Litterciturdenkmale des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts, in Neudrucken heraus­gegeben von Bernhard Senffcrt. 26.) Heilbronn, Gebr. Heuningcr, 1837.

Die Gestalt des liebenswürdigen Acsthctikers, Dramaturgen und Dichters, der den Neigen der großen kritischen Talente des achtzehnten Jahrhunderts eröffnet, ist von einer eigentümlichen Tragik erfüllt. Tragisch ist es schon, nach einem hoffnungsvollen Eintritt in die Litteratur, nach fruchtbar und fleißig verbrachten Jünglingsjahren an der Schwelle des Mcumcsalters zu sterbe», gerade zu der Zeit, wo man anfangen kann, auf der Basis erworbeueu Wissens seine Individualität zu entfalten. Und dies war dem jungen Dichter uud Philosophen Johann Elias Schlegel beschicken: geboren 1718, starb er schon 1749 im Alter von kaum 31 Jahren. Aber es giebt noch eine andre Art tragischen Schicksals. In eine unglückliche Zeit hineingeboren zu sein, vom äußern Zufall mit Unrecht einer unter­liegenden Partei zugezählt zu werden und deren Mißerfolg zn teilen, seiner eignen Zeit in der Erkenntnis vorauszueilen, aber übersehen zu werden, und wenn man spät endlich zur richtigen Wertschätzung bei seinen Landsleutcn gelangt, zu erleben, daß die Entwicklung der Wissenschaft indes ohne jene eigne Mitarbeit vor sich ge­gangen ist, sodaß nur noch eine Art historischer Anerkennung für diese Arbeit übrig bleibt diese Tragödie des Denkers war dem jung dahingegangenen Johann Elias Schlegel auch beschicden. Sein äußeres Leben führte ihu zunächst iu den Kreis Gottscheds. In dessen Zeitschriften veröffentlichte er feine ersten Schriften. Wie sehr diese durch ihren wahrhaft philosophischen und Positiv künstlerischen Gehalt von denen der andern Gottschedianer abstachen, wie häufig sie sich auch in Gegensatz zn dem kritischen Geschwätz der Leipziger Perücke stellen mochten, wie sehr Schlegel sich einer vornehmen Neutralität zwischen den zwei ästhetischen Parteien Bodmers nnd Gottscheds, die damals Deutschland mit ihrem Lärm erfüllten, befleißigen mochte: es war ein Unglück für seine Schriften, daß sie in den Gottschedischcn Zeitschriften abgedruckt wurden und deren schnell hereinbrechende Mißachtung teilen mußten. Schlegel war der erste Kritiker in Deutschland, der die antike Tragödie als Cha­raktertragödie betrachtete; er war zugleich der erste, der die große Knnst der Cha­rakteristik bei Shakespeare hervorhob und so ans dem Wege jener für das deutsche Drama epochenlachenden Erkenntnis Gerstenbergs und Herders sich befand, daß