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Kleinere Mitteilungen.
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Kleinere Mitteilungen.

mit Erfolg durchgemacht hat, ist damit zum einjährigen Militärdienste berechtigt. Diese Einrichtung treibt natürlich sehr viele Schüler, denen der Gedanke, das Gym­nasium oder Nealgyninasium ganz durchzumachen oder gar zum Studium überzu­gehen, von vornherein und mit gutem Gruude gauz fcru liegt, auf unsre höhern Lehranstalten; sie wollen sich das Militärzeugnisersitzen," uud sie vor allem drücken die durchschnittliche Leistungsfähigkeit zunächst der untern und mittlern, damit aber auch der obern Klassen herab; deun sie können in der That nicht viel leisten und wollen es auch meist gar nicht. So tritt durch diese Elemente eine Ueber- bürdung der Anstalten, d. h. der Lehrer ein, eine Ueberbürdnng, die das Pnbliknm bei seinen Urteilen wohl nur selten genügend in Rechnung zieht, die aber vor allem in kleinern Landstädten oder auch iu Fabrikorten unter Umstäudeu fast er­drückend wirken kann.

Unsern Unterrichtsbehörden ist dies natürlich uicht eutgangcn, und gerade in der letzten Zeit zeigt sich ein offenbar dadurch hervorgerufenes, sehr lebhaftes Be­streben derselben, die Errichtung von lateinloscn Realschulen (höhern Bürgerschulen) nach Möglichkeit zu fördern. Aber sie sollten, meine ich, einen bedeutenden Schritt weiter thun und im eigensten Interesse der Bevölkerung einen gelinden Zwang nicht scheuen. So lange die zahlreichen höheru Schulen auch in kleinern und ganz kleinen Städten mit all ihren lockenden Berechtiguugen bestehen, werden sie immer die Hauptmenge der Schüler an sich ziehen, erstens weil sie fürvornehmer" gelten, und dann weil man durch ihren Besuch sich alle Wege offen zu halten glanbt. Anders aber würde, es werdeu, sobald man zu folgendem Grundsatz überginge: Nur die Zurücklegung einer höhern Lehranstalt gewährt den Schülern derselben ohne weiteres ein Anrecht auf den einjährigen Militärdienst; der Zeitpunkt, bis zu welchem dies Ziel erreicht werden muß, wird aber entsprechend hinausgeschoben. Wer vorher die Anstalt verläßt, unterwirft sich einfach, wenn er die erwähnte Berechtigung wünscht, der Prüfung vor einer der schon jetzt bestehenden staatlichen Prüfnngs- kommissionen, welche ja auf seine Vorbildung billige Rücksicht nehmen wird. Außer­dem aber berechtigt wie bisher auch die Zurücklegung einer lateinlosen Realschule zum einjährigen Militärdienst.

Eine Bestimmung dieser Art würde von selbst dahin führen, daß solche Schulen in größerer Zahl eingerichtet, beziehentlich daß die Gymnasien und Real­gymnasien in zahlreichen kleinen Orten, zum großen auch finanziellen Vorteil derselben, dazu umgebildet würden.

Gewiß würden auch dann die höhern Schulen von ungenügend befähigten Schülern nicht frei bleiben denn zumal den höheru Stauden liegt der Wunsch, ihren Söhnen Gymnasialbilduug zu geben, natürlich sehr nahe, aber die Zahl derselben würde doch sicherlich geringer werden; überfüllte Klasse» würden seltener sein, die Leistungen würden sich heben, und die Klagen über Ueberbürdnng würden allmählich schwinden.

Und noch ein andrer, wahrlich nicht unbedeutender Vorteil würde daraus erwachsen: der Gedanke einer Einheitsschule, der gerade jetzt wieder iu den Vorder­grund getreten ist, wäre viel leichter zu verwirklichen. Denn zumal wenn man sich entschlösse, den freien lateinischen Aufsatz ganz aufzugeben und die Stundenzahl im Lateinischen etwas zu beschränken, könnte man leicht, ohne die Gesamtzahl der Lehrstunden zu vermehren, Englisch in den Lehrplan aufuehmen und dabei doch das Griechische völlig in seiner alten Stellung lassen was mir schon mit Rücksicht auf das volle Verständnis unsrer klassischen deutschen Dichter unbedingt not­wendig scheint.