Die Weimarer Gesamtausgabe von Goethes Werken.
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haglichkeit des Arztes das Wort geredet würde, möge man bedenken, daß auch die gute Stimmung des Arztes am letzten Ende dem Kranken zu Gute kommt.
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Die Weimarer Gesamtausgabe von Goethes Merken.
vonWeinrich Düntzer.
or sechzig Jahren sahen Goethes Verehrer erwartungsvoll dem Erscheinen der ersten Lieferung seiner „Ausgabe letzter Hand" entgegen, die nach der Ankündigung nicht nur „manches bisher zerstreut und außer Zusammenhang Gedruckte in ästhetischem, rhetorischem, grammatischem Sinne annehmlicher gemacht," sondern auch Ungedrucktes bringen sollte, nämlich alles, was vorerst der Mitteilung wert geschienen habe, wobei seine Freunde „für übereinstimmende Rechtschreibung, Interpunktion und was sonst zu augenblicklicher Verdeutlichung nötig wäre," möglichst sorgen würden. Leider sollte trotz des besten Willens des Dichters und der Anstrengung Riemers, Eckermanns und Göttlings dieses Ziel nicht erreicht werden; dazu wäre eine ununterbrochene Thätigkeit der Redaktoren statt einer zeitweiligen, auf eine Reihe von Jahren verteilten, die strengste Überwachung des Satzes und Druckes und besonnene Erwägung der vorgeschlagenen Änderungen nötig gewesen, während die Redaktion nur eine Nebenbeschäftigung mehrerer war uud manche augenblickliche Vorschläge vom Dichter oft vorschnell genehmigt wurden, was er später zuweilen bereute; hatte er sich doch sogar einmal an der Stelle des einzig berechtigten Horaz den Properz und besonders in den ersten Bänden häufig die starke Form des Genetivs des Beiwortes, wie köstliches Sinnes, edles Steines, gegen seinen eignen Gebranch von Göttling aufdrängen lassen. Auch mußte er es erleben, daß der Verleger seine wohlbedachte Anordnung, deren Begründung die Ankündigung angedeutet hatte, aus Rücksicht auf möglichst gleichen Umfang der Bände durchbrach. Seinen Ärger über diese Willkür, durch welche die epischen Gedichte samt „Pandora," statt auf die Theaterstücke zu folgen, an das äußerste Ende hinter alle prosaischen Schriften traten, sprach er gegen Boisseree aufs schärfste aus. Der Text selbst ist teils durch Nachlässigkeit der Redaktoren, teils durch Schuld der Druckerei von der versprochenen Reinheit und Gleichmäßigkeit gar weit entfernt. Noch vor dem Tode des Dichters gab Götzinger, damals Professor der deutschen Literatur in Schaffhausen, seinem Unwillen über diese Ausgabe letzter Hand den bittersten Ausdruck. Die Satzzeichnung, bemerkte er, sei „fast furchtbar" zu nennen, überhaupt herrsche in der Korrektur dieser mit so großem Pomp als vollendet angekündigten Aus-