Gevatter Tod.
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ich zu ihm zurückkehrte, schöner wurde. Aber es ist kein Märchen von Menschen- Phantasie erschaffen — der Tod selber erzählt es.
Sie stand da und sah ihn verwundert an; ein fremder Geist, der ihr bange machte und sie doch unwiderstehlich zu ihm hinzog, schien über ihn gekommen zu sein. Sie schmiegte sich fester au ihn.
Lache mich nur aus, wenn du willst, Geliebte, fuhr er fort. Aber ich habe stets eiu Gefühl gehabt, als sei es gerade mir besonders dienlich, das Geheimnis des Todes verstehen zu lernen, um getrost unter seinen Augen einschlafen zu können. Wer weiß, wie bald wir beide seine Macht kennen lernen. Willst du das Geheimnis des Todes mit mir teilen? ich könnte es sonst niemand anvertrauen, nur dir kann ich es sagen!
Seine jnuge Brcint nickte, aber ihr Herz klopfte lant, und es war ihr, als solle sie ein wildfremdes Land kennen lernen.
Komm her, ich will dich wie ein Kind auf meine Arme nehmen, flüsterte er, dann sollst du ihm getrost ins Auge schauen!
Ehe sie wußte, wie ihr geschah, hatte er sie iu die Höhe gehoben, und nun starrte ihr der Tod ins Antlitz. Unwillkürlich fuhr sie zurück, aber schon nach wenig Augenblicken sah sie ihm mutig iu die großen, schwarzen Augenhöhlen, und ein Lächelu glitt über ihr Autlitz — dasselbe Lächeln, das die Züge des jungen Mädchens verschönte, welche zu den Füßen des Todes ins Grab sank. Als sie wieder an seiner Seite stand, lehnte sie ihr Haupt an seine Schulter und flüsterte Worte, die nur er hören konnte. Und das war das zweite mal, daß der Tod den Sieg davon getragen und seinen Platz behauptet hatte.
Und dort war er geblieben, und von dort aus hatte er Teil geuommeu an der bange» Hoffnung, mit der die jungen Ehelcute ihr Söhnchen erwartet, wie an der jubelnden Frende, mit der sie ihn begrüßt hatten. Von dort aus konnte er täglich sehen, wie lieb sie ihn hatten, wie sie die kleine Menschenknvspe mit den zärtlichsten Namen überschütteten. Und das Ende davon war, daß auch der Tod den kleinen Jungcu lieb gewann, denn wer kann Tag für Tag auf so ein kleines Wesen Herabschanen, ohne etwas von ihm zu halten?
Wie soll unser Junge heißen? fragte der Schulmeister eines Tages seine Frau, als sie beide an der Wiege des Kleinen saßen.
Natürlich Theodor! erwiederte die junge Frcin und blickte ihn lächelnd au.
Gott segne dich dafür, rief der Schulmeister aus. Das war der Name meines guten, frommen Vaters, und der soll in dem kleinen Burschen weiter leben. Und dann bedeutet ja Theodor „Gottes Gabe," das soll uns daran erinnern, daß Gott den Knaben iu unsre Hände gegeben nnd ihn dereinst von uns zurückfordern wird.
Ja, dann müssen wir auch wohl den Tauftag festsetzen, meinte die junge Hausfrau.
Das soll ein Fest werden! rief der Schulmeister aus und sprang auf.