Kleinere Mitteilungen. 145
Bürger aber, unter dem Eiudrucke, daß das Auge des Gesetzes wache, in seinem Schlummer zu stören. Zuletzt aber verlor sich das Geräusch, und so fand ich endlich die ersehnte Ruhe. (Fortsetzung folgt.)
Kleinere Mitteilungen»
Die Polizei. Einige Jahrzehnte lang galt der von England entlehnte Individualismus als die Grundlage einer wahrhaft freisinnigen Weltanschauung. Man übersah dabei, daß die unbeschränkte Freiheit des Einzelnen nnr einen Krieg aller gegen alle entfacht, welcher den Schwächeren dem Stärkeren ausantwortet. Die traurigen Ergebnisse dieses „Kampfes ums Dasein" haben allmählich wieder den Blick dafür geschärft, daß wahre Freiheit, unter deren Herrschaft jedem das Seine werden kann, notwendig eine Beschränkung des Einzelnen zur Voraussetzung haben muß; und wie daher an Stelle des krassen Manchestertmns die neuere, auch den Schwächeren berücksichtigende Wirtschaftspolitik getreten ist, so kommt man zu der Ueberzeugung, daß auch auf nudern Gebieten die Bethätigung der Staatsgewalt, welche meist durch die Polizeibehörden gehandhabt wird, nicht einen möglichst zu bekämpfenden Eingriff in die Persönliche Freiheit darstellt, sondern gleichfalls zur Regelung der Beziehungen der Einzelnen zn einander notwendig ist. Unter dem Wechsel dieser Anschauungen ist auch unter deu Polizeibehörde» ein reges Streben nach Erwirknng der zur Erfüllung ihrer Anfgabe notwendigen selbständigen Stellung erwacht, was sich nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Literatur kundgiebt.
Zn den einschlagenden litcrarischen Erzeugnissen gehört auch ein unlängst erschienenes Buch,^) welches von einem tüchtigen Praktiker auf Grund seiner eignen langjährigen Erfahrungen im Dienste der königlichen und der städtischen Polizei, sowie unter Benutzung einer großen Menge von Mitteilungen, welche er von zahlreichen städtischen Polizeiverwaltuugen in Preußeu eingezogen hat, zusammengestellt ist, und welches durch die vielfach eingestreuten gesetzlichen Bestimmungen und Entscheidungen höherer Behörden noch einen besondern Wert erlangt. Ist das Buch auch zunächst vom Standpunkte der altpreußischen Gesetzgebung ans geschrieben, so enthält es doch auch vielerlei, was für die übrigen Rechtsgebiete innerhalb und außerhalb Preußens von Bedeutung ist.
Nachdem der Verfasser dargelegt hat, daß und weshalb die preußische Polizei verbesserungsfähig ist, macht er Vorschlüge, wie diese Verbesserung zn bewerkstelligen sei, und knüpft daran ciue Allswahl von Justruktioueu für die einzelnen Zweige der Polizeiverwciltung. Letztere können wir hier übergehen, da sie nur den Fachmann interessiren; doch sei bemerkt, daß sie mit Umsicht ausgearbeitet sind, wenigstens zum Teil schon praktische Anwendnng gefunden haben und man nnr wünschen kann, daß sie recht vielseitige Anwendung fiuden mögen. Was voll einer guten Instruktion für die Beamten abhängt, weiß jeder Praktiker aus eigner Erfahruug.
Einer gencmereu Darlegung aber bedürfen die Erörterung der Mängel der Polizei und die Vorschläge zur Abhilfe derselben. Den gewiß schönen Wunsch des
*) Die bestehende Organisation und die erforderliche Reorganisation der preußischen Polizciverwaltung, mit Rücksicht aus die wünschenswerte Erweiterung derselben zur deutschen Reichspolizei. Von Otto Held, königlichem Polizeirat. Berlin, Fr. Luckhardt, 1886.
Grmzboten IV. 1837. 19