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Dichterfreundinnen : 4. Madame Luzifer.
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Dichterfreundinnen.

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sterbe, wenn ich ihn nicht kriege. Ist er denn in keinem Buchladen? keiner Leihbibliothek? Lichtenberg hat ihn rezensirt, der muß ihn haben, Heyne gewiß auch. Es muß sehr amüsant sein." Dazwischen schauen burschikose Ausbrüche des Humors wie ein Mephistophelesgesicht hervor:Heida, morgen wirds auch verflucht lustig hergehen, wir gehen zur Hochzeit bei Schröders. Um zwölf fahren wir hin, von zwei bis sieben Uhr sitzen wir am Tisch, ich werde platzen!" Aber sie spottet nur, um bald in gänzliche Mutlosigkeit hinabzusinken:Ich dächte, ich müßte hier trotz allem vergnügt sein können, wenn mir uur etwas die Hand dazu böte."

Schon im Februar 1788, nicht volle vier Jahre nach der Hochzeit, starb der gute Böhmer. Die jnuge Witwe wandte sich mit ihren beiden Töchtern nach Göttingen, dann nach Marburg, wo ihr älterer Bruder Fritz Professor der Medizin war. Mit welchen Empfindungen sie an Klansthal zurückdachte, geht aus einem Briefe hervor, den sie von Marburg aus an einen Freund schreibt: Daß Sie meine Lage vollkommen richtig beurteilten, wußte ich sehr wohl, aber ich konnte auch darüber nicht offen sein, weil ich den letzten Wahn zu retten hatte, der mir mein Schicksal erträglich machte, den letzten Wahn der Liebe: Zärtlichkeit. Zu delikat, zu gut, zu sanft, diese wegzuwerfen vielleicht auch zu sehr eingeengt behielt ich sie bei, und sie lebt selbst noch in der Er­innerung, ob ich gleich mit Schauer und Beben an jene Zeit zurückdenke und von ihr wie der Gefangene von dem Kerker mit einer schrecklichen Genug­thuung rede."

Der Freund, dem sie dieses Bekenntnis macht, ist Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer aus Harburg, damals Bibliothekar in Göttingen, ciuer jener Herzeus­philosophen und Allerweltsvertrcmten, die in der sentimentalen Gesellschaft der Geniezeit eine große Rolle spielten. Er war der Busenfreund aller geistreichen Damen und rühmte sich im Alter noch scherzend seiner zehntausend Geliebten. Er hatte in Göttingen studirt und war durch Heyues Vermittlung im Jahre 1785 dahin zurückgekehrt. Auf die jungen Damen scheint er eine besondre Anziehungskraft ausgeübt zu haben. Karolinens Schwester Lotte schwärmte für ihn, und in seines Gönners Heyne Familie war er so daheim, daß Forster, als er im August 1735 nach Gvttingen kam, um seine Braut, Therese Heyne, nach Wilna abzuholen, vor, während und nach der Hochzeit Meyer als den dritten im Bunde, als seinen liebe» Asfad annehmen mußte. Dieser unver­meidliche Meyer war der erste Seelenfrennd, den sich Karoline in ihrer Witwen­schaft erkor. Er verließ zwar schon um die Mitte des Jahres 1788 Göttingen und ging auf Reisen, aber ein lebhafter Briefwechsel ersetzte den Umgang. Die Beziehungen reichten wahrscheinlich bis in Meyers Studienzeit zurück und hatten auch während Karolinens Ehe nicht ganz aufgehört.Ich begriff Sie nie ganz und konnte auch nicht, denn wie wenig kannte ich Sie durch mich selbst. Wie ich Sie kannte, interessirten Sie mich aus meinem Geschmack den viele Leute