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Literatur.

der den Krieg von seiner die Sittlichkeit fördernden Seite beleuchtet. Den größern Teil des Büchleins nehmen die Erinnerungen, häufig interessant persönlicher Art, an den letzten Krieg ein, und in den Zitaten begegnen wir Dichtern, die uns bisher ganz unbekannt geblieben sind. Natürlich sind die Meister Lingg, Geibel, Greif, Freiligrath, Dahn u. ci. fleißig benutzt. Interessant sind einige Volkslieder aus dem Kriegsjahre 1870.

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Erklärung.

Schneller, als zu erwarten war, ist die Antwort auf meinen Aufsatz über Schcrer er­schienen.*) Und sehr charakteristisch ist diese Antwort ausgefallen. Gegen den sachlichen Inhalt meines Aufsatzes wird nicht das mindeste vorgebracht. Was noch von bleibenden Verdiensten Schcrers in der Faustfrage, selbst mit Zuhilfenahme der Vorlesungen desselben, zusammengestellt wird, ist von ganz minimaler Bedeutung und ist ohne jeden Einfluß auf das Urteil über die von mir bekämpfte uud früher von so manchem als eine epochemachende wissenschaftliche That ersten Ranges verherrlichte Prosahypothese.

Außerdem werden der Arbeit Schercrs bloß noch allgemeine Lvbspriiche von Scharfsinn, sicherem Stilgefühl und tiefbohrendem Ernst gespendet, Lvbspriiche, deren Haltlosigkeit den Lesern meines Aufsatzes nicht erst besonders dargethan zu werden braucht. Ebensowenig kann man Gedanken, deren Vcrfchltheit so leicht nachzuweisen ist, als tsrmsntg, oognitionis anpreisen.

Die Herren mögen übrigens selber eingesehen haben, wie wenig sie durch das alles ihr Fiasko abzuschwächen imstande sein werden. Sie steifen sich deshalb umsvmehr auf die Behauptung, mein Angriff sei unedel, weil er so bald nach Scherers Tode erfolgt sei. Erich Schmidt versteigt sich svgcir bis zn dem AusdruckeLeichenschändung." Herr Schmidt wird wohl wissen, daß ich ihn durch die Gerichte über die Bedeutung dieses Ausdrucks belehren lassen könnte, aber ich will davon absehen, weil wir in der Gelehrtenrepublik auch ohne Straf­richter fertig werden müssen. Ich selber habe dem Gefühl Ausdruck gegeben, daß es mir peinlich sei, so früh gegen den Heimgegangenen aufzutreten. Aber wenn die persönlichen Freunde Scherers eine Art von wissenschaftlichem Trauerjahr respektirt zu sehen wünschen, so mögen sie diese Trauerzeit nicht dazu mißbrauchen, wertlose, längst widerlegte und abge­thane Behauptungen ihres Gönners zu verherrliche». Eine solche geräuschvolle Anpreisung von etwas Unbrauchbaren: und Wertlosem wird nun einmal im Sprachgebrauch alsHum­bug" bezeichnet. Weun nun gar die Absicht hervortritt, solchen Behauptungen durch fort­währende Wiederholung und geflissentliche Jgnorirung der Gegengründe eine Art Einbürge­rung zu erschleichen, dann sind alle Anhänger wissenschaftlicher Forschung verpflichtet, solchem Unfug zu steuern.

Dies habe ich gethan, und wie ich wohl sagen darf, mit Erfolg. Nicht die Trauer, nicht das Klagelied der persönlichen Freunde habe ich stören wollen, aber das kann man schlechterdings nicht dulden, daß diese Trauer und dieses Klagelied tendenziös benutzt werde, um der Wissenschaft zu schaden. Wilhelm Lreizenach.

-) Vcrgl. den Artikel von Erich Schmidt in der Dcntschcn Literntnrzeitnng Nr. SU.

Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow iu Leipzig. Vertag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. Druck vou Carl Marquart in Leipzig.