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Kleinere Mitteilungen.
buche für 1341, sondern in einer Nummer der Trierischen Zeitung von 1840 ist es zuerst gedruckt. Im November 1840 gab es bereits eine ganze Anzahl Kompositionen davon, und in den Zeitungen stritt man sich, ob man es Rheinlied oder — Colognaise (nach Marseillaise) nennen sollte. Die meisten dieser Fehler hätte der Herausgeber vermeiden können, wenn er das „Liederbuch für altmodische Leute" (Als der Großvater die Großmutter nahm; 2. Auflage; Leipzig, Gruuow; 1887) zum Vergleich herangezogen hätte, das in seinen Anmerkungen überall genaue und zuverlässige Nachweise giebt.
Endlich uoch ein Puukt. Eiu Buch, das in vierzehn Auflagen im ganzen deutschen Volke verbreitet ist und eben in der fünfzehnten hinausgeht, sollte sich doch des besten Deutsch befleißigen, sich freihalten von Provinzialismen (Bcrolinismen, wie bislang für bisher, Belag für Beleg, fortlassen für weglassen u. cihnl.), und sollte vor allen Dingen eine Sprachsünde vermeiden, die sich Blatt für Blatt und Seite für Seite durch das gauzc Buch zieht, die abscheuliche Sprachsünde, Büchertitel und Gcdichtsüberschriftcn als undeklinirbar, als eine Art von Sprach- versteincrungen zu behandeln. Wo in Deutschland ist ein Mensch, der sagt: „Ich bin gestern Abend in die Räuber gewesen" oder gar: „Ich bin in Schillers die Räuber gewesen?" Oder wer sagt: „Dieses Lied ist aus der Wandsbecker Bote genommen?" Jeder vernünftige Mensch sagt doch: „Ich bin in den Räubern gewesen" oder „Dieses Lied ist aus dem Wandsbecker Boten genommen." Der Herausgeber wird nun entgegnen, er schreibe ja gar nicht so; er schreibe mit Doppelpunkt, Anführungszeichen und großem Anfangsbuchstaben: „Dieses Lied ist aus: »Der Wandsbecker Bote« entnommen." Wie klingt denn aber der Doppelpunkt, wie kliugt der große Buchstabe, wie klingen die Anführnugszeicheu? Kann man sie hören? Man hört doch nur: „aus der Wandsbecker Bote." Sprache kommt doch wohl her von sprechen, und es giebt doch nicht zwei vcrschicdnc Sprachen, ciue für die Ohreu und eine für die Augen? Gleichwohl ist diese thörichte Meinung, daß es eine besondre Papiersprache gebe, jetzt allgemein verbreitet. Woher stammt sie nur? Aus den Schnlen? Aus den Druckereien? Zn Schillers und Goethes Zeit wußte noch niemand etwas davon. Da schrieb man, wie man spricht und hört: aus der Braut von Messina, aus Nathan dem Weisen 2c. Jetzt liest mau alle Tage: aus: Der Trompeter von Scickingcn, ans: Die Meistersinger von Nürnberg 2c, Ist das vernünftiger Menschen würdig? Möchte doch die nächste Auflage der Geflügelten Worte einmal unerbittlich in dieser Beziehung aufräumen! Dabei könnten auch gleich noch die schönen Genetive Claudius', Voß' u. a. beseitigt werden. Das ist auch so ciue Schulmeister- und Kvrrektorenerfindung, daß mau cineu Genetiv durch ein Apostroph bilden könne. Wie klingt denn das Apostroph? Voß drehte sich im Grabe um, wenn er läse: aus Voß' Musenalmanach. Zn Vossens Zeit bildete man den Genetiv von Namen auf s, ß, z, tz — na, da steht er ja schon. _
Schicklich uud uuschicklich. Bis vor einigen Jahrzehnten konnte man in den deutschen Zeitungen fortwährend „Komplimentirbücher" angekündigt finden, populäre Lehrbücher der guteu Lebensart, welche offenbar viel mehr Beifall fanden, als des geistvollen Kuustforschers Numohr „Schule der Höflichkeit." Daun schien das Bedürfnis weniger lebhaft nnd allgemein zu werden und endlich ganz zu schwinden. Ob die Erziehung dergleichen Not- und Hilfsbücher entbehrlich gemacht hatte, oder ob man des „guten Tones" glaubte entraten zu können, wollen wir dahingestellt sein lassen. Plötzlich tauchen nun wieder verschiedne Schriften auf,