Deutsch - böhmische Briefe.
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und Taus endlich bilden teils einen eignen Schulbezirk, teils gehören sie zu dem von Bischofteinitz. Sie stoßen im Süden an Neuern, im Norden an Nonsperg und könnten ohne Nachteil mit diesen Bezirken vereinigt werden.
Die den Nationalitätsverhältnisfen Böhmens entsprechende Abgrenzung der Bezirke desselben würde wesentlich erleichtert werden, wenn man in einzelnen Fällen Gerichtsbezirke bis herab zu etwa 6000 Einwohnern einrichten wollte, was nichts weniger als unmöglich erscheint, da solche in andern Ländern ziemlich häufig vorkommen und dort sogar andre mit einer weit geringern Be- völkerungsziffer zu finden sind. In Salzburg z. B. giebt es Gerichtsbezirkc mit 2783, ja mit 2441 Einwohnern, und in der Bezirkshauptmannschaft Cattaro mit 33000 Einwohnern bestehen ein Kreisgericht und vier Bezirksgerichte, während die S2000 Einwohner des Bezirks Leitomischl nnr ein Gericht haben. In diesem Bezirke wohnen etwa 15 000 Deutsche und 36 000 Tschechen, aber wie ist diese Bevölkerung gelagert? Die sehr großen deutschen Gemeinden liegen im Osten, die tschechischen schließen sich an dieselben nach dem Innern des Landes an, sind aber vollständig von ihnen gesondert, wie folgende einer Landtagsrede Herbsts vom Jahre 1883 entnommene Daten zeigen: In den Gemeinden Jahnsdorf nnd Ketzelsdorf, von denen jene 2180, diese 1871 Einwohner hat, giebt es nicht einen einzigen Tschechen, in Abtsdorf neben 2227 Deutschen nur 2, in Nickel neben 1403 Deutschen nur 1 und in den Gemeinden Karlsbrunn mit 874, Schirndorf mit 872 und Überdörfl mit 983 Einwohnern nur je 4 Tschechen. Ähnlich steht es mit den 24 deutschen Gemeinden des Bezirks Bischofteinitz, unter denen 8 sind, wo kein einziger Tscheche wohnt, und 10, wo deren nicht mehr als 2 bis 3 leben.
Wir sehen also, daß es nicht schwierig sein würde, die böhmischen Gerichtsbezirke nach der Sprache der Bevölkerung abzugrenzen. Die Teilung des Landes nach nationalen Rücksichten ist, wie gesagt, in den Schulbezirken schon vollzogen. Abgesehen von Prag, gehört jede Gemeinde Böhmens entweder zu einem deutschen oder einem tschechischen Schulbczirke, und wie gut hier die Absonderung gelungen ist, beweist der Umstand, daß nur wenige deutsche Schulen auf tschechische und nur wenige tschechische auf deutsche Bezirke der Art kommen. Das Verlangen nach einer Reform gleicher Art in Betreff der Gerichtsbezirke ist bisher, obwohl bereits dreimal gestellt, von der tschechischen Mehrheit des Prager Landtags nicht berücksichtigt worden, wird aber sicherlich niemals verstummen und über kurz oder lang erfüllt werden muffen.