Gymnasialunterricht und Fachbildung.
von Ludwig von t^irschfcld, 4.
> o gelange ich denn zn dem ziveiteu der vorhin bezeichneten Wege, Ich höre hier im Geiste ans Seiten meiner Leser Nnfe des Mißfallens nnd der Entrüstung. Wie? — wird mancher Schulmann fragen — du hast selbst zugegeben, daß der Lehr- Istvff so angewachsen sei, daß wir ihn nur mit Miihe in der bisher zugcmcsseucn Frist bewältigen können, nnd nun soll diese Frist noch verkürzt werden? Oder soll das Gymnasium etwa zn einer BvrbcreitungS- cmstcilt für Einjährig-Freiwillige herabsinken, solle» wir wichtige Unterrichtsfächer beschränken oder gar ganz preisgeben? — Nichts von alledem! Aber weil der Lehrstoff eben zu so erdrückendem Umfang augeschwolleu ist nud sich aller Boranssicht nach immer noch mehr erweitern wird, weil das bisherige System zur Bewältigung desselben nicht ausreicht, gerade deshalb ist eine Bermindcrung der Ansprüche, die an die Schule gestellt werden, erforderlich. Und nm nun anderseits das leidige Schielen nach den Erfordernissen des spätern Brotstudinms von der Mittelschule fernzuhalten, nm ihr die Spol- tnng der Schüler in Fachgenossenschnften zn ersparen und ihr die Aufgabe einer allgemeinen, idealen Bildung nach Möglichkeit zn bewahren, empfiehlt es sich, nach dem Erreichbare» zu greifen und der Schule lediglich VaS Maß von Lehrstoff zuzuweisen, welches für die spätere Mitgliedschaft eines gebildeten Standes als ausreichend erachtet wird. Wenn wir »nn von der Annahme ansgehen, daß die Reife für Unterprima, also ein siebenjähriger Gymnasialunterricht, als genügendes BildnngSmaß in diesem Sinne angeschen werden darf, so würde das Gymnasium oder die zukünftige Einheitsschule seine Aufgabe am richtigsten erfüllen, wenn eS alle Schüler der untern Klassen, die Unfähigen abgerechnet, zusammenhielte nnd bis zur Abgangsprüfung durchbrächte. Man könnte dann die jetzige II,^ mit I, die mit II bezeichnen, denn ans den Namen kommt es doch nicht an, und der Primaner würde dann mit derselben Bildungsmenge vvu der Schule abgehen, mit welcher jetzt der Ober- sekundauer in die Prima einrückt. Sämtliche Abiturienten erwürben durch die Ablegung der Abgaugsprüfuug die Berechtigung znm einjährigen Dienst; vorher wäre dieselbe nicht zu erlangen. Gleichzeitig erschlösse sich ihnen der Eintritt in sämtliche Hochschulen: Universität, Forstatademie, Bauakademie, landwirtschaftliche