Beitrag 
Eine christliche Ästhetik.
Seite
84
Einzelbild herunterladen
 

84

Ein Aaxitel deutscher Lyrik.

Eine Kröte ist ohne Frage eine für uns durchaus häßliche Gestalt. So häß­lich, daß sie trvtz ihrer zweifellosen Ungefährlichkeit fei es nun, cvolutiouiftisch gedacht, infolge eines Atavismus, der uns hierbei vorsündflutliche Grauseu- geschöpfc ahnen läßt, oder infolge ihrer klebrigen, schmutzigen, sumpfigen Ge­meinheit, theologisch gedacht daß sie uns nicht bloß Mißfallen, sondern Schrecken erregt, wenn sie uns unvermutet über den Weg kriecht. Nuu denke man sich aber, es werde uns von jemand, den wir als Feind aller Possen nnd Max- und Mvritzstreichc keimen, gesagt, er besitze die plastische, natur­getreue Nachbildung einer Kröte von so täuschender Ähnlichkeit, daß man sie selbst bei genauester Betrachtung für eine wirkliche halten könnte; man denke sich, er brächte dies Kunstwerk herbei und gäbe es uns zur Prüfung seiner Unwirklichkcit iu die Hand wir würden nicht umhin können, mindestens für einen Augenblick die Mißgestalt wohlgefällig zu betrachten. Und zwar wird dies Wohlgefallen gerade fo lange andanern, als nns die Erkenntnis aufgeht von einer hier in Erscheinung getretenen, mit höchster Zweckmäßigkeit oder Gc- schicklichkeit arbeitenden Kraft. Genau dieselbe Erkenntnis, die nach dem über­einstimmenden Urteil der verständigsten Kunstphilvsophen auch dem Wohlgefallen au der schonen Gestalt u. s. w. zu Grunde liegt. Äber allerdings das Wohl­gefallen wird alsbald wieder gestört werden, sobald wir der für uuser gewöhn­liches Erkennen natürlichen Häßlichkeit des Gegenstandes wieder inne werde». Hierbei ist zu bemerken, daß der physische Reiz bei der Häßlichkeit ebenso ans- geschlosscn ist wie bei der Schönheit. Ekel, physischer Widerwille sind auch hier alsReiz" Grenze für das Wohlgefallen. Ein Schwelgen in diesem negativen Reiz ist Grausamkeit, wie jenes Wollnst, zwei Leidenschaften, deren oft hervor­gehobene Gemeinsamkeit vielleicht auf diesem Bedürfnis »ach uu- oder besser übcrästhetischer Neiguug beruht. Ein Wink für dieNaturalisten" aller Künste!

(Schluß folgt.)

Gin Kapitel deutscher Lyrik.

n seinem kürzlich erschienenen Büchlein von der schwarzen Kunst, Skizzeublätter aus der Welt der Tiute und der Drucker­schwärze (Stuttgart, Adolf Bonz und Comp.), spricht Edwin Bormanu neben allerhand lustigen anch ein paar recht bittere Wahrheiten aus. In dem hübschen SinngedichtDas Wvhl- thätigkeitsgcdicht" setzt er auseinander, daß mit der Heransgabe unzähliger Ge­dichte niemand eine Wohlthat erwiesen wird als dem Dichter, der sich endlich einmal gedruckt sieht, und iu demBuchbinder-Hymnus" feiert er den wahren