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Aus der Chronik derer von Riffelshausen : Erzählung in zwei Büchern :
(Fortsetzung.)
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Ans der Lhronik derer von Riffelshansen.

wirklich angestrengte Anfinerksamkeit dazu, seiner Beweisführung zu folgen. Ge­wöhnlich tchrie die ganze Gemeinde erst von ihren Gcdankenspazierwegen zurück, wenn der Pastor einen bekannten Gcsaiigbuchvcrs anführte, wie er sie meilen­steinartig zwischen seinen Predigtmortcn anbrachte.

Schön war es aber anzuhören, wenn er später am Altar die Kollekte sang, begleitet von dem weichen nnd ganz leisen Orgelspiel des Lehrers Taub, der allsvnntäglich au der Orgel sein langhaariges Haupt nach links und nach rechts bewegte.

Als man einzeln nnd zu Paaren die Kirche verließ, blieb Lieschen Scheff- lingcn auf dem kleinen Kirchhofe an dem Gitter stehen, das die Gräber des Hof­marschalls und seiner Frau einschloß. Zwischen den beiden Hügeln erhob sich ein schlichtes Krenz von weißein Marmor, auf dessen Fnßgcstell die vereinigten Wappen der Ruhenden gemeißelt waren. Einzelne Epheurauken schlangen sich um das Kreuz. Antou Nisfelshansen lehnte sich an den Eckpfeiler und sah mit ernstem Lächeln das junge Mädchen an. Lieschen wurde von ihrer Frau Mutter so wenig hübsch gekleidet, wie es bei der peinlichen Vermeidung alles Auffallenden nur möglich war; aber sie selbst war srisch und hübsch, und der Ausdruck vou Herzensgüte und Reinheit in ihren Augen machte sie sehr anziehend.

Anton mußte an ein Verschen denken, das ihm einmal ein Kamerad ans Schlesien vorgesungen hatte; es hieß:

Dcr Herr ist gut, der Herr ist gut, Die Frau ist wie ein Engel.

Lieschen Schefflingen faltete die Hände auf dem Gitter und sah zu ihm auf. Wie friedlich ist das Ende! sagte sie.

Ja, erwiederte er, es ist schön! Die Glockenkläng ziehe» über diese Ruhe­stätte und die Orgeltöne es ist so schön, daß man wünschen möchte, auch hier zu ruhen.

Sie senkte den Blick. Nein, Sie dürfen einen solchen Wunsch noch nicht äußern, Herr von Nisfelshansen, Sie nicht.

Warum nicht? Wissen Sie etwas Besseres? O ja, erwiederte sie warm, leben und lieben!

Er richtete sich lebhaft auf, aber Lieschen schien eine Fortführung des Gesprächs nicht zn wünschen; mit leichten Schritten eilte sie vorwärts, um sich Julien und Emil anzuschließen, die vor einem altertümlichen Grabstein über die Inschrift in Streit geraten waren. Die letzten Töne des Nachspiels ver­klangen bereits, und dcr Küster schloß knarrend die Kirchenthür. Der Sieben- hofner Gottesdienst pflegte nicht vor zwölf Uhr zu endigen, denn die Lieder hatten viele Verse, und der Pastor wußte mancherlei, womit er die Gemeinde zu erbauen gedachte. Frau von Schefflingen, die eine Vorliebe für das Aus­führliche und Umständliche hatte, änßcrte sich sehr befriedigt. Ich muß sagen, Goldner ist mir lieber als unser Nichter. Was meinen ^ie, lieber Baron, tauschen wir auf eine Weile? scherzte sie.

Georg aber dankte verbindlichst; er war mit seinem Teile zufrieden.

Während darauf die Jugend durch den Garten nach dem Moosdorfer Wege zuging, den Geschwistern entgegen, und Tante Cäcilie als Martha durch das Haus lief, teilte Frau von Schefflingen dem Baron mit, daß ihr Mann mit Emilchen den Winter in Trübeusee zu bleiben gedächte, sie dagegen mit Lieschen nach der Schweiz reise» würde. Wir werden im Frühherbst aufbrechen, da ich