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Deutsche Literatur in Frankreich.
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Deutsche Literatur in Frankreich.

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sich nicht der Mühe lohne, eine Sprache kennen zn lernen, in welcher die Dicht- knnst auf einer so niedrigen Stufe stehe. Aus dem Jahre 1676 stammt das berüchtigte Wort des Jesuiten Domiuik Bouhonrs, ein Deutscher könne kein Iiol 08vrit sein. Ganz so nrteilte man in den literarischen Kreisen Frankreichs bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. Anerkennende Stimmen tönen da nur äußerst selten über den Rhein herüber, ein Franzose, der längere Zeit in Deutschland gelebt hatte, Eleazar Manvillvn, spricht in seinen 1740 er­schienenen liiMres triun)5Ü808 0t ALrnr<mMio8 den Deutschen überhaupt geistige Fähigkeiten rundweg ab. Wenn man die Frage auswerfen wolle, sagt er, woran es Deutschland fehle, um große Dichter hervorzubringen, so müsse die Antwort lantcn: An Geist. Der kleinen Zahl von Schriftstellern, denen er einiges Talent zuerkennt, spricht er dafür Originalität ab; sie seien nur geschickte Übersetzer. Neuut mir einen deutschen Dichter ruft er aus, welcher aus eigner Kraft ein Werk von einigem Rufe geschaffen hat; ich wette, daß ihr es uicht könnt!"

Dieser Geringschätznug arbeitete nun freilich schon seit 1720 ein litcrarisches Unternehmen entgegen, welches französische Nefngies in Deutschland mit der Absicht gegründet hatten, den Franzosen die Hervorbringnngen des deutschen Geistes zu vermitteln: es war die LiMMvyne Asrmkmiqno, die zuerst in Amsterdam erschien. In der Vorrede des ersten Bandes wird die Behauptung gewagt, Deutschland sei ebeuso fruchtbar als irgend ein Land in Enrvpa an gnten Köpfen und Gelehrten. Von Gottscheds literarischcr Thätigkeit nahm das .Icmrnsl clss L-^vg-irts bereits in den Jahren 1737 lind 1738 anerkennend Notiz, uud zu derselben Zeit warf sich anch der Marquis d'Argens, der spätere Freund Friedrichs des Großen, in den l^sttrss Mvss zum Vertheidiger unsers literarischen Rufes auf. Aber erst vom Jahre 1750 an wird die Aufmerksamkeit der Franzosen für deutsches Schrifttum wieder etwas größer, die Mißachtung seltener. Das Verdienst, diese Wandlung herbeigeführt zn haben, gebührt in erster Linie dem bekannten Literaten Friedrich Melchior Grimm, einem Schüler Gottscheds, der 1749 als Reisebegleiter des sächsischen Grafen Schömberg nach Paris gekommen war, sich dann dauernd dort niederließ, dnrch mehrere kleinen französische Schriften bald ein gewisses Ansehen in den schöngeistigen Kreisen der Hauptstadt gewann und von 1763 an in seiner literarischen Korrespondenz die deutsche Höfe über die neuesten französischen Erscheinungen in Literatur, Kuust uud Wissenschaft unterrichtete. In den Jahren 1750 nnd 1751 veröffentlichte Grimm in dem Nöreurs cle ?r-unzo zwei Briefe über die deutsche Literatur, in welchen er auf sehr geschickte Weise die Vorurteile der Franzosen bekämpft, eine knrze Übersicht über die ältere deutsche Literatur giebt, Gottscheds Wirksamkeit bedeutend hervorhebt, Bodmcr nnd Vreitingcr erwähnt und auf Haller, Drolliuger, Hagedorn, Gellert und Klvpstock aufmerksam macht. Seine Worte verhallten nicht ungehört. Bald erhob auch der bekannte Gegner Voltaires, Freron, in den l^ttrs» sur Wölanss övrits clv es toinps (1751) seine Stimme zu Gunsten der deutschen Lite-