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Bewegungen in der katholischen Welt.
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Bewegungen in der katholischen Welt.

sich über einen theoretischen Fcldzugsplan zu einigen, nnd weil sie die Sätze nicht finden können, welche zu einein gemeinsamen Programm sichren sollen. Denn die Partei spielt heute die erste Rolle in dem öffentlichen Leben des Volkes; in dem dritten Lustrum nach erlangter Einheit des Reiches ist der so schwer crruugeue Besitz des geeinigten Vaterlandes längst vergessen, und nicht, was ihm zum Ziele dient, ist die Parole der Männer, welche in den Parla­menten das Staatswohl beraten sollen, sondern was der kleinen Absplitterung, welcher sie angehören, einen Wahlsitz mehr zuführen könnte. -

In diesem Kampfe der Parteien fällt es schwer, sich zu dem Huttenscheu Satze zu bekennen, daß es ein Genuß sei, zu leben. Dieses Parteizeichen, welches unsrer Zeit auf die Stirn gedrückt ist, hat auch den Streit um die idealen Güter der Volksgemeinschaften ergriffen, und wie man wahrend des dreißigjährigen Krieges mit den Waffen in der Faust um weltlichen Besitz kämpfte, während die Parole der bedrohten Religion ausgegeben war, so birgt sich hellte hinter dem Kampfe nm die Freiheit der Kirche die Herrschafts- bestrebliug der Partei.

Ihre eigenartige Organisation nnd ihre auf dieser Organisation beruhende Machtfülle gegcuüber den Zersplitterungen der andern Parteien haben die katholische Kirche einen Kampf bestehen lassen, aus welchem sie äußerlich als Siegerin hervorzugehen scheint und in dem zwischen Staat und Kirche angebahnten Frieden die Früchte des Sieges gepflückt zu haben sich den Anschein giebt. Diese äußerlich scheinende Stärkung hat bei protestantischen Müuuern eine Art von Neidgcfühl hervorgerufen; sie mochten auch für ihre Kirche die gleichen Vorteile sammeln, und sie glauben dieselben auf keinem andern Wege finden zu köunen, als auf dem, welchen sie die päpstliche Kirche einschlagen sehen. Ge­blendet von diesen äußerlichen Erfolgen, ist man der Prüfung der Frage noch uicht näher getreten, ob die Macht, welche die katholische Kirche behauptet und errungen zu haben scheint, in Wirklichkeit mit dem Wesen übereinstimmt, welchem sie bisher ihr Gepräge verdankt. Wird diese Frage untersucht, dann wird die Prüfung leichter sein, ob das gegebene Beispiel Nachahmung verdient, und ob nicht vielmehr diejenigen, welche zu den Oberhirten der katholischen Kirche berufen sind, cilleu Gruud haben, die Folgen des Pvrrhussieges abzuwehren uud, da es noch Zeit ist, die entfesselten Kräfte wieder zu bannen und an ihren Platz zu verweisen.

Die Macht der katholischen Kirche ist ein lebendiger Beweis dafür, daß der Absolutismus insbesondre im Kampfe gegen die Außenwelt kräftiger ist, als ein durch die Negierung des Volkes und seine Teilnahme an der Leitung ge­mischtes Gemeinwesen.

Ausgestattet mit der höchsten Machtvollkommenheit, welche die Herrschaft über die Geister in sich trägt, hat die katholische Hierarchie unumschränkt ge­herrscht. Der Laicnstand, an sich von den wechselnden Bedürfnissen der Zeit