Literatur.
flöte," aus ein- und derselben Quelle geschöpft hätten. Nun hat Otto Iahn in seinem „Mozart" (Bd. IV, S. 294 ff.) die Entstehungsgeschichte der „Zauberflöte" ganz ausführlich erzählt. Der wirkliche Dichter derselben war garnicht Schikaneder, der Direktor des Theaters auf der Mieden, sondern ein Chorist von ihm, Karl Ludwig Gieseke, später Professor der Mineralogie in Dublin (f 1833).*) Die Handlung ist zum Teil entlehnt aus der von Wieland, v. Einsiedel und Licbcskind unter dem Titel „Dschinnistan" Herallsgegebenen Sammlung von Feen- und Geistermärchen (Winterthur, 1786—1789), und zwar aus dem von Liebeskind bearbeiteten Märchen „Lulu" im dritten Bande (1739); zum großen Teile aber ist sie Giesekes Erfindung, zum geringsten Teile Schikaneders Zuthat. Da uuu die „Lila" zuerst 1790 im sechsten Bande von Goethes Schriften veröffentlicht ist, so haben wir folgende Veröffentlichungsreihe: 1789 „Lnlu," 1790 „Lila," 1791 „Zauberflöte." Vorausgesetzt also, daß Goethe auch in Italien noch nicht die letzte Hand an sein Stück gelegt, sondern unmittelbar vor dem Druck nochmals daran geändert hätte, wäre eiue Abhängigkeit der „Lila" sowohl wie der „Zauberflöte" von dem Märchen im „Dschiunistan" denkbar. Die nähern Untersuchungen hierüber anzustellen, müssen wir natürlich dem Verfasser des Aufsatzes iu Nr. 40 überlassen.
D. Red.
Literatur.
Kriegstagebuch eines Truppenoffiziers. Von Hermann Bogt, Oberstleutnant a. D.
Berlin, R. Eisenschmidt.
Die anspruchslosen, aber frischen Aufzeichnungen eines Offiziers vom zweiten schlesischen Husareuregiment Nr. 6, Aufzeichnungen, welche vom Verlassen der Garnison in Leobschütz bis zum Wiedereiurücken in dieselbe die persönlichen Erlebnisse uud Anschauungen des Verfassers, aber auch nur diese, geben, sind ein wertvoller Beitrag zur Kleingeschichte des Krieges. Selten gewinnt der Laie Einblick darein, wie sich für den einzelnen Soldaten das Leben im Felde, im Feindesland, auch in einem durchaus siegreichen Feldzuge wie dem von 1870—1371, gestaltet. Der Einzelne ist zugleich ein Stift in der ungeheuern Kriegsmaschine und doch eine handelnde, fühlende, leidende Persönlichkeit; es ist lehrreich, wie sich das große Kriegsdrama im Ange des bescheiden Mitwirkenden spiegelt und wie jeder Tag seine eigne Physiognomie hat. Wird dies alles so knapp nnd doch so lebendig erzählt, wie in den Aufzeichnungen Vogts, so entsteht ein Buch, an dem wohl auch weitere Kreise, als die der alten Kriegskameraden des Verfassers, warmen uud dankbaren Auteil nehmen können.
Tartarin in den Alpen. Neue Nuhmcsthatcn des Helden von Tarascon. Von Al- phonse Daudet. Leipzig, H. Le Sondier.
Daudet besitzt, wie wir wissen, einen besonders scharfen Blick für die Schwächen seiner engern Laudsleute. In Numa Roumestcm hat er die gefährlichen Seiten
*) Iahn erzählt, Gieseke sei aus Braunschwcig gewesen und in Halle relegirt worden; Gümbcl in der Allgemeinen Deutschen Biographie (Bd. 9, S. 162) giebt (nach Wurzbach) Augsburg als seine Geburtsstadt und Altorf als die Universität an, wo er studirt habe. Die Mitteilungen Corncts, auf die sich Iahn stützt, sind zufällig eben wieder abgedruckt worden iu den Erinnerungen an Mozart in der neuesten (41.) Nummer der „Ncueu Zeitschrift für Musik" (8. Oktober 1886).