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Aus der Lhronik derer von Riffelshausen.
Nein, seine Nichte, die Tochter des verstorbenen Hofmarschalls, ein vortreffliches Mädchen. Sie nimmt den regsten Anteil an dein Wohl nnd Wehe der Dorfbewohner. Jetzt ist sie ^uf dem Wege zu einem Arbeiter, der in der Niederdcttenheimer Fabrik beschädigt worden ist.
Ist das nicht Amand Hegel, der Bruder unsrer Bäckerin?
Ganz richtig. Er hat ein schweres Schicksal. Seine Mutter soll eine fromme Frau gewesen sein; sie war schon lange tot, als ich nach Siebenhofen kam. Aber der Hegel hatte eine Moosdvrfcrin genommen, ein böses Weib, das ihn ganz in die Gewalt bekam. Sie war's, die ihn zwang, die Schwester aus dem Hause zu schicken, die ihn gegen Nachbarn und Gutsherrschaft aufhetzte, und die es schließlich durchgesetzt hat, daß er in die Dettenheimer Fabrik eintrat. Als es sich zeigte, daß er trank, ging sie nach Moosdorf ins elterliche Hans zurück, und den Mann läßt sie hier im Elend verkommen. Sie hat ihn allezeit verachtet, weil sie von bessern: Stande ist als er.
Der Trübenseer schüttelte den Kopf. Nun lebt er hier allein?
Ein luderlicher Vetter und dessen Mutter sind im Hause, eine unsaubere Gesellschaft! Es ist garnichts zu machen mit diesen Leuten.
Das sagt meine Gnädige von den Trübenseern auch; der selige Andermütz ist der Einzige, dem sie in dieser Richtung etwas zutraute.
Du bist freilich ein starker Kontrast zu dem alteu Andermütz, lachte Goldner. Einen so wunderlichen Heiligen wie den mag es selten gegeben haben. Stelle dir vor, daß er den Trübenseer Weibern von der Kanzel aus verbot, in bloßem Kopse zu erscheinen, eingedenk der Worte Pauli. Überhaupt steckte er während der letzten Jahre voller Schrullen. Du wirst noch manche Geschichte von seiner Hartnäckigkeit und seinem wunderlichen Glaubenseifer zu hören bekommen.
Sieh, dort geht das Fräulein schon, unterbrach ihn Richter, ich werde sie in das Hegelsche Haus begleiten.
Pfarrer Goldner öffnete den Mund zn einer erstaunten Frage, doch schon hatte ihn Richter verlassen und stand neben Mathilden, als sie das Pförtchen öffnete.
Ich möchte den Hegel auch sprechen, sagte er, darf ich Sie begleiten? Sie hatte nichts dagegen einzuwenden.
Mathilde sah von der Seite auf zu ihrem Begleiter. Dieser ging, die behandschuhten Hände auf dem Rücken, gleichmütig neben ihr her nnd sah mit seinen durchdringenden Augen bald einen Bauern, der ihnen begegnete, bald eine am Wege gackernde Gans an. Dabei lag etwas wie Spott um seinen entschiedenen Mund, uud Mathilde dachte, was wohl der selige alte Andermütz zu diesem Nachfolger sagen würde.
Plötzlich wandte er sich ihr zu. Ist es Ihnen unlieb, daß ich mit Ihnen gehe? Sie sehen mich so strafend an, gnädiges Fräulein. Seien Sie im-