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Allerlei Laufbahnen : Erinnerungen eines alten Journalisten.
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Allerlei Laufbahnen.

haben, der eine durch den Stoff, der andere durch die Bearbeitung. Damnitz wollte auch eiuem gebildeteren Leserkreise Nahrung bieten, doch Lasser wies jedes derartige Ansinnen mit den Worten zurück:Das verstehe ich nicht, und was ich nicht verstehe, verstehen meine Leser auch nicht/' Dann kam wieder das höhnische: »Ja, Ihre Leser!" fielen die ärgerlichen Bemerkungen über die Dnmmheit des Publikums, die Moritz mit gutem Grunde als persönliche Beleidigungen auf­faßte. Der Freund wurde ihm lästig, mehr noch durch seine Ueberhebung als durch seine sich steigernden Geldanforderungen, und er beschloß, sich desselben zn entledigen. Als eines Tages Damnitz wieder eine größere Rechnung zur Zahlung angewiesen hatte, wurde diese vvu dem Eigentümer des Blattes verweigert, der auf die heftigen Vorstellungen des sich für unentbehrlich Haltenden kühlen Tones entgegnete, es müsse einmal Abrechnung gehalten werden, Damnitz werde ja wissen, wie große Summen er bezogen habe. Natürlich wußte dieser das nur sehr un­gefähr und war nicht wenig erstaunt, als Moritz aus seinem Notizbuche jede Kleinig­keit vorlas, die er seit ihrem crsteu Zusammentreffen für den Freund entrichtet hatte. Eine erregte Szene mit gegenseitigen Vorwürfen des Undankes endigte mit vollständigem Bruche. Einen Vertrag zn schließen war Damnitz niemals eingefallen, seit langem aus des andern Tasche gelebt zu haben konnte er nicht lcngnen, uud Beschränkung hatte er sich so wenig aufgelegt, daß seine Honornransprüche schwer­lich würden hoch genug anerkannt worden sein. Er schied als Feind nnd rache- brütend.

Um einen Ersatz war der nnnmehr alleinige Redakteur nicht verlegen. Aller­dings standen seine Mitarbeiter gewöhnlich mit der deutschen Sprache ans sehr gespanntem Fuße, und Damnitz, der zu einein andern Blatte übergetreten war, gab Tag für Tag dem Publikum zu lachen, indem er arge Schnitzer aus der Fremden-- zcitung zitirte, Ihre Verstöße gegen Grammatik und Syntax, ihre geschichtlichen oder geographischen Böcke, ihre unglaublichen Mißverständnisse nnd dergleichen mehr wurden sprüchwörtlich; mau machte es sich zum Geschäft, die abgeschmacktesten Erfindungen in das Blatt zu schmuggeln und am nächste» Morgen cmfzndecken. Aber alles das machte dem gelehrigen Schüler seines jetzigen Feindes keinen Kummer. Er gab keine Antwort, machte keinen Versuch einer Rechtfertigung oder Entschuldigung, er that, als ob nichts vorgefallen wäre," uud hielt nur streng darauf, daß bei ihm uichts gedruckt wurde, was er nicht verstand. Er wußte, daß er jetzt alsdummer Kerl" bekannt war, wie einst alsdummer Juuge," und trug dieses Prädikat mit demselben Gleichmute. Alle lachten über ihn und hielten dabei sein Blatt, um darüber zu lachen, wie viele vorgaben. Ihm aber war es einerlei, Weshalb sie darauf abonnirtcn. Er blieb bei seinem Prinzip, keine Anforderungen an die Fassungskraft seiner Leser zu stellen, und wurde dabei zum steiureicheu uud einflußreichem Mauue und überflügelte alle seine klügeren und gebildeteren Mit­bewerber. Uud so behielt Gellert Recht.