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Parlamentarische Betrachtungen.
kämpfen hatte und in den zahlreich erworbenen Kolonien eine ergiebige Qnelle für die Vermehrung seines einheimischen Reichtums besaß.
Auf dem Festlaude war es anders. Hier gab es leine geschichtlichen Parteien, sondern es suchten sich solche erst auf Grund irgend eiues doktrinären Programms zu bilden. In Deutschland besonders führte die eigentümliche Neigung zum Jndividualisircn zu Zersplittcruugeu, es standen sich nicht blos; Konservative und Liberale gegenüber, sondern innerhalb dieser Hauplrichtungen gab es wieder so viele Unterabteilungen, die sich mit der höchsten Erbitternng befehdeten, daß es für eine Regierung schwer geworden wäre, lediglich einer Partei allein das Staatsruder anzuvertrauen. Noch schwerer nnd zum Verhängnis für das Land wäre es geworden, wenn die Negierung im Parlamente ihren Schwerpunkt gefunden hätte und die Minister ans der Mehrheit derselben genommen worden wären. Bezüglich der ersten Alternative wird es genügen, die preußische Kvnsliktszeit vor 1866 in Erinnerung zu bringen, als die Mehrheit des Abgeorduetenhauses Jahre lang ein Ministerium bekämpfte lind ihm selbst die Mittel zur Regierung verweigerte. Die zweite Alternative, die Mehrheits- regicrung durch das Parlament, ist jetzt im Begriffe, in allen Ländern Fiasko zu machen, vor allen Dingen in England selbst, dem Urlandc parlamentarischer Verfassung.
Es gab auch schon in frühern Jahren einige unabhängige philosophische Köpfe, welche das Wettcrmännchenspicl zwischen Whigs und Tories nicht als den erstrebenswertesten politischen Znstand betrachteten. Sie sahen, daß beide Parteien die Krone nur zum Deckmantel eigner Herrschaft benutzten und ihr eignes Regiment als das des Volkes ausgaben. Es lösten sich schon zur Zeit der Chartistenbewegnng einzelne radikale Elemente von den Whigs ab, und im Laufe der Regierung der Königin Viktoria haben diese demokratischen Absplitte- rungcn bereits eine solche Bedeutung gewonnen, daß sie ihren Anteil an der Regierung fordern können. Die Leitung des Parlaments war in die Hände ehrgeiziger Streber geraten, die ihre eigne Herrschaft als alteiniges Prinzip anerkannten. Um sich zu erhalten und deu Gegner zu besiegen, mußten sie sich Verbündete um jeden Preis suchen. Die Radikalen, weil sie allein noch zn schwach waren, und Herr Gludstone, weil er durchaus wieder Minister werden wollte, kamen sich ans halbein Wege entgegen. Wie das aber immer bei dem Herabgleiten auf der schiefen Ebne geschieht, so befindet sich anch der leitende Whigführer bereits in den Händen der Radikalen. Aber auch in dieser Verbindung wären sie nicht stark genug, die Herrschaft zu führe», Liberale auf der einen und Konservative auf der andern Seite halten einander das Gegengewicht, ein Parteiregiment würde bei jeder Abstimmung gefährdet werden können. Unter diesen kritischen Umständen fand sich eine dritte Partei auf dem parlamentarischen Ringplatze ein. Die Vergewaltigungen Englands haben ihre Früchte getragen, vx o8Ädn« ullor ist die Parnellitische Partei entstanden, welche bei