284
Lamoens.
zu drängen, wie Ihr wohl wißt. Eure Furcht um die Zukunft des Landes teile ich nicht. König Sebastian ist ein treuer Sohn der Kirche. Wenn es jedoch Gott gefiele, ihn ohne Nachkommen abzurufen, fiele sein weltliches Erbe an Spanien, und ich hoffe, daß Ihr König Philipp für so gläubig uud so getreu haltet wie unsern jungeu Herrn! Jetzt geht in die Nähe des Königs zurück und achtet ans Luis Ccnnoens!
Tellez Almeida gehorchte augenblicklich und ohne noch ein Wort zu verlieren, er wendete sich aus der Fensternische gegen die Mitte des Saales hin, wo Barrcto und Cumoeus noch immer von Begrüßenden nnd Glückwünscheuden umdrängt waren. Niemand in dem glänzenden Kreise hatte auf die verdüsterte Miene des jungen Kaplans Acht, nur der Prior von Belem blickte ihm nach, jetzt wieder mit dem ruhigen Ernst, den er im allgemeinen zur Schan trug. Auch Bruder Tellez fand die Selbstbeherrschung des Priesters rasch wieder; er zuckte nur unmcrllich, als sich die Flügelthüren des Hauptsanles am untern Ende öffneten und gleichzeitig am obern Ende der König aus dem Nebensaal, in dem er verweilt hatte, rasch »nieder eintrat. Die Aufmerksamkeit der Versammlung teilte sich augenblicklich zwischen den am untern Saalende erscheinenden Daiueu und zwischen König Sebastian, welcher mit ungestümer Bewegung den Eingetretenen entgegeneilen wollte, aber offenbar infolge einiger Worte, die ihm Graf Vimivsv zuflüsterte, seineu Schritt mäßigte nnd zuletzt in der Mitte des Saales stehen blieb. Da man ehrerbietig vor ihm und der kleinen Grnppc seiner Begleiter zurückwich, so entstand auf der Stelle ein leerer Halbkreis, der sich erweiterte, um auch den Damen, die von den Gemächern der Königin-Witwe her kamen, Raum zu gebeu. Es wareu zwei ältere Fraueu iu duukler Kleidung und zwei jüngere in leuchtend prächtigen Gewändern, welche zugleich in den Halbkreis traten nnd den König ehrfurchtsvoll begrüßte». Aber wie Dom Sebastians funkelndes Auge nur eine derselben wahrnahm, so richteten sich auch die Blicke aller nur auf die schlanke Mädchengestalt i» einem Obergcwand aus Silbcrstoff, das über ein Unterkleid von purpurnem Sammet herabfiel. Die dunkeln Haarwcllen des schönen Mädchens waren von einem Diadem gehalten, aus dessen gvldnen Blättern große Rubinen als Blüten hemusleuchtcten. Aber niemand in diesem Kreise, am wenigsten Dom Sebastian, sah auf Gewcmd und Juwelen der schönen Catarina Palmcirim. Die edle Schönheit ihrer Züge war von jugendlichem Liebreiz überhancht, der einen Wiederschcin in dem Gesichte des jungen Königs zu erwecken schien. Dom Sebastians düster ernster Ausdruck verlor sich schon, als er des Mädchens ansichtig ward, und wandelte sich jetzt in einen Ausdruck von Heiterkeit, welcher keinem der Anwesenden entging. In dem Zusammendrängen der glänzenden Versammlung, dem bewundernden, vielbedeutsamen Stimmcngeschwirr, das sich erhob, war sogar ciu halb erstickter Aufschrei nicht gehört worden, der mitten im Gedränge erklang, und da alle Blicke nach dem König und der ihm gegenüberstehenden Dame gekehrt waren,