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Literatur.

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offenbar Fortschritte gemacht hat gegen den Standpunkt, den er in frühern Arbeiten einnahm. Während er 1862 schrieb, daß Kant dnrch seine Lehre von Zeit und Raum den induktiven Weg verlassen habe und zu einem subjektiven Idealismus zurückgekommen sei, hat er jetzt i» der Abhandlung überGehirn und Seele" ge­zeigt, daß er an dem guten nnd richtigen Sinne der Kantschen Lehren nicht mehr zweifelt, und dieselben auch mit einem empirischen Realismus für verträglich hält. Vielleicht hat der Umstand, daß der Verfasser einmal zum Schiedsrichter in dieser Frage angerufen wurde, diesen Fortschritt befördert. Aber von dem zweiten Hanpt- teile der Kantischeu Erfahrnngstheorie, von den erfassenden, die Wahrnehmung be­stimmenden Funktionen des Verstandes, hat er sich noch nichts angeeignet, Em­pfindung, Wahruehimmg und Vorstellnng sind für ihn die Anfange aller seelischen Entwicklung, das logische Denken scheint ihm erst das höhere abstrakte Voll- kvmmnerc, welches sich auf der Grundlage der Sinnlichkeit zu entwickeln hat. Von Kants Lehre, daß keine Wahrnehmung zustande kommt, ohne die Thätigkeit der logischen Verstandesfnnktionen, weiß er nichts. Daher kehrt auch iu dem Ka­pitel über die Messung psychischer Vorgänge der allgemeine Irrtum der Psycho- Physiker wieder, daß sie die Intensität, Zeitdauer und Qualität Psychischer Vor­gänge zu messeu glauben, während in der That nur reale Erscheinungen gemessen werden, die als solche uns über das Wesen unsrer Seele garnichts verraten können. Die Erklärungen gegen den Spiritismus mögen in unsrer Zeit bei vielen noch eine gute Wirkung thun; bei eigentlich ernsthaften Denkern dürften sie über­flüssig sein.

Halbes nnd ganzes Recht. Von K. Chr. Planck. Mit einer Einleitung von Gubitz. Tübiugeu, Lauppsche Buchhandlung, 1885,

Verschiedne zerstreute Aufsätze des leider mir zu früh verstorbnen Publizisten Planck sind von dem Herausgeber in verdienstvoller Weise gesammelt und unter einheitliche Gesichtspunkte gebracht worden. Der Verfasser war tief von der Not der Zeit durchdrungen; auf allen Gebieten des menschlichen Kulturlebens zeigten sich ihm fühlbare Lücken, welche dahiu führten, daß Unzufriedenheit sich mehr und mehr breit machte. Die Aufsätze, welche diese Mängel unsers staatlichen und ge­sellschaftlichen Lebens beleuchten, hat der Herausgeber mit der Ueberschrift:Das halbe Recht" bezeichnet. Dem gegenüber geben Aufsätze uuter dem Titel:Das M>ze Recht" die Anschauungen wieder, von denen Planck hinsichtlich der Kultur und des Rechts der Zukunft beherrscht wird. In den Gruudgednukeu decken sich dieselbeu mit denen der neuen wirtschaftlichen Nichtnng, wenn sie auch iu den Einzelheiten abweichen. Von besonderm Interesse ist es, daß der Verfasser den BcrufsgLnossenschaften eine große soziale Aufgabe zu eiuer Zeit einräumte, wo kaum »och die Bezeichnung bekannt war.

Die deutsche Wehrorduuug, Heervrduunq und Mariueordnuug. Von W, L. 'SvIMS, Oder, und Korps-Auditenr. Berlin und Leipzig. I, Gutteutag (D, Collitt), 1886.

Die Präzision nnd Bestimmtheit, durch welche sich gerade die deutschen Militär- Verhältnisse auszeichnen, bedingen eine Fülle von Einzelvvrschriften, die zur Aus­führung der Grundgesetze über die Verpflichtung zum Kriegsdienst ergaugeu sind. Eine Uebersicht über diese zahlreichen einzelnen Normen zu erlangen, ist nicht leicht, und doch ist bei der allgemeinen Wehrpflicht deren Kenntnis nicht bloß den aktiveil Militärs, sondern auch den Zivilbehörden und den zahlreichen zum Beurlanbten-, Reserve- und Landwehrstande gehörigen Personen nützlich und nötig. Der Ver­fasser, durch seine amtliche Stellung mit den in Rede stehenden Verhältnissen