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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben : 12. Seeschlange Nummer zwei.
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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben.

stückos der ebenso dringende als ergebene Antrag gestellt wird, den Schwamm zur Unterbringung in einem Korrektivnshause zu verurteilen.

Hier bitte ich auf den AusdruckUnterbringung in einem Korrektionshause" zu achten. Der Herr Pastor meinte offenbar das preußische Gesetz vom 13. März 1878, uach welchem der Verwahrlosung ausgesetzte Kinder bis zu zwölf Jahren nnter gewissen Voraussetzungen in einer Familie oder anch in einem Kvrrektious- hause zur Erziehung untergebracht werden können. Der Schwamm gehörte offenbar wegen seiucr Unthaten zu letzterer Klasse, und so beantragte Herr Pastor Selnccker die Unterbringung in einem Korrektionshanse.

Das Amtsgericht sendet den Autrag zurück mit dem Ersuchen, ein Gutachten des Vormundes über den Charakter des Gustav Schwamm einzureichen. Herr Pastor Seluecker schreibt also ganz geduldig seiueu Bericht noch einmal und läßt vom Nachtwächter einige Hieroglyphen darunter malen, die man fürSachtemann" oder auch für etwas andres halten kann. Auf Grund dieses Gutachtens erkennt nunmehr der Nichter iu Krauthain: daß die Unterbringung des verwahrlosten Knaben Gustav Schwamm in einer Erziehungs- uud Besserungsanstalt gemäß 8 55 des Rcichsstrafgcsetzbuches, Abs. 2, für zulässig zu erachte» sei. (Man achte auf den angeführten Gesetzesparagraphen.) Hierunter schrieb Pastor Seluecker mit roter Tinte im Gefühle seiner Befriedigung: li'iuit tolieit.gr.

Nach einiger Zeit lief die Aufrage aus Krauthaiu beim Waisenrate zu Ripp­schütz ein, ob denn der Schwamm, der sich von dort entfernt habe, untergebracht sei? Staunen und Rückfrage, ob denn nicht das Amtsgericht zu Krauthain die Unterbringung veranlaßt habe. Antwort: Gott bewähre, die Unterbringung des Kuabeu falle bei der notorischen Vermögenslosigkeit des Schwamm demjenigen Armenverbande zur Last, in dessen Bezirke der Schwamm seinen Unterstützuugs- wvhnsitz habe. Dieser Bescheid wird der Armeukommission zu NiPPschtttz vorgelegt, worauf im Sitzungsprvtokoll vom 29. Juni ausgesprochen wird, daß die Armen­verwaltung sich entschieden weigere, für den Schwamm zu bezahlen, da derselbe iu Rippschütz nicht heimatsbcrechtigt sei. Das Aktenstück wandert nach Grähna, kommt aber mit dem Bescheid zurück: Zur Unterbringung verwahrloster Kinder sei nicht die Ortsarmenverwaltung, in welcher der Knabe heimatsberechtigt sei, sondern die­jenige (der Bericht sagtejene"), in deren Bezirk der Beschluß gefaßt wurde, in Anspruch zn nehmen.

Hieran schließt sich ein Privatbrief des Nechtsanwalts Spieß in Grahna, iu welchem es heißt:In Beantwortung (In Beantwortung so steht wirklich da!) Ihrer gef. Anfrage vom 11. xr. beehre ich mich ganz ergebenst mitzuteilen, daß nach meiner Auffassung die Armeuverwaltuug iu Grahna im Rechte ist. Nach 8 7 Al. 2 des Gesetzes vom 13. März 1873 ist derjenige Kommunalverband, in dessen Gebiete das beschließende Vormundschaftsgericht seinen Sitz hat, zur Unter­bringung verpflichtet. Ich kann also nur empfehlen, die Akten dem Gerichte, welches die Unterbringung des Schwamm beschlossen hat, zuzusenden, damit das­selbe den betreffenden Kommunalverband in Kenntnis setzen könne."

Darauf folgt die Anzeige des Amtsvorstehers zu Klein-Rippschtttz, daß sich ein jugendlicher Vagabund in der Gegeud umhertreibe, man wolle in ihm den Gustav Schwamm erkannt haben; der Waisenrat zu Nippschütz wolle sich doch um dcu genannten kümmern.

Nächstes Blatt: Schreiben des Waiseurats zu Rippschütz an das Vormuud- schaftsgericht zu Krauthaiu, worin unter Anführnng obiger Gesetzesstellen das Gesuch gestellt wird, das Vvrmuudschnftsgerichtwolle" unter Uebersenduug beiliegenden Akten-