Notiz.
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damit verbundn«! Geldverlegenheiten in der Landesstandschaft einen Staat im Staate erstehen lassen. Es war nur zu natürlich, daß die Herzoge diese zweite Gewalt neben sich zu unterdrücke» suchten, uud die Gewaltthätigkeit der Zeit ließ sie Mittel wählen, die wohl der Gewalt, aber nicht dem Rechte entsprachen. Maser trat dieser Willkür mit Entschiedenheit entgegen, mit größerer, als ein monarchisches Staatswesen vertragen konnte, und dabei ohne bei seinen Kollegen im Landesausschnß Verständnis und Unterstützung zu fiuden. Bekannt ist, daß Herzog Karl Eugen den widerspenstigen Landschaftssyndikus im Jahre 1795 ohne Recht und Urteil nach Hohentwiel abführen ließ und ihn dort länger als fünf Jahre in strenger Gefangenschaft hielt.
Auch Varnbüler trat für die Verfassung seines Landes ein, als nach dem Wiener Kongreß der König für seine buut zusammengewürfelten Lande ein einheitliches Grundgesetz schaffen wollte; auch er verfuhr einseitig, wenn er die alte Verfassung gewahrt wissen wollte, welche für die neuen Zustände nicht mehr paßte. Insbesondre kämpfte er für die Rechte seines Standes und verharrte bei den für richtig anerkannten Grundsätzen, ohne sich den Lockungen und der Entziehung der königlichen Gnade zu unterwerfen. Auch er zog die fürstliche Ungnade vor, tue ihn freilich nicht mehr so hart wie Moser treffen konnte, sondern ihm nur das allerhöchste Mißfallen aussprach und ihm den Kammerherrnschlüssel entzog.
Beide Männer aber ernteten den Lohn für ihre Treue und ihre Thätigkeit. Moser lebte uach Entlassung aus seiner Haft in höchstem Ansehen, geehrt im Jn- und Auslande, in Stuttgart, während Varnbüler wenige Jahre nach der Aeußerung jenes fürstlichen Mißfallens von demselben Fürsten zum Finanzminister ernannt wurde und durch seine weise Verwaltung die Finanzen des Landes in einen blühenden Zustand brachte.
Abgesehen vvu diesen Gleichheiten bieten natürlich beide Lebensbeschreibungen ganz verschiedne Bilder. Das Wächtersche Buch ist ausführlicher, es läßt uns deu ganzen Mann erkennen, wie er sich in seiner eignen Biographie selbst der Nachwelt überliefert haben will. Moser hat die Geschichte seines Lebens selbst geschrieben, und sein gegenwärtiger Biograph hat das große Verdienst, daß er seinen Helden meist selbst sprechen läßt und nur verbindende nnd erläuternde Worte hinzufügt. So rollt sich in alter Treue das herzerquickende Bild eines interessanten Lebens vor uns ans. Wir sehen freilich einen unruhigen Mann vor uns, den sein rastloser Geist iu deu Jähreu der Kraft von einem Orte zum andern treibt und fast in keiner Stellung ausharren läßt. Aber diese Unruhe entspringt einem Gefühle überschwänglichen Geistesreichtums, dem jeder Platz zu eng erscheint. Unsre Zeit, die iu der Betreibung von Spezialfächern immer mehr den Blick für das Allgemeine verliert, kann es kaum begreifen, daß ein einziger Mann so vielseitig sein und nicht bloß Hunderte von Bänden schreiben, sondern dabei die verschiedensten Gebiete der Rechts- uud Staatswissenschaft, der Historie, der Theologie und selbst der Dichtknnst behandeln kann. Auf dem Felde der praktischen Wissenschaft erscheint uns Moser wie ein Gigant, uud er Verdicut dieselbe Bewunderung, die wir der Vielseitigkeit Michelangelos oder Goethes schulden. Dabei zeigt uns sein inneres Leben ein so gläubiges uud kindliches Gemüt, daß wir nnr daraus verstehen können, wie er so viele Trübsal und Gleichmut hat ertrage» und so viele Standhaftigkeit ans sich selbst hat schöpfen können.
Das Adamsche Werkchen ist bei Gelegenheit der goldenen Hochzeit des Staatsministers Freiherrn von Varnbüler, des Sohnes von Karl Eberhard Friedrich, abgefaßt; es tritt jedoch bei weitem über den Rahmen einer Gelegenheitsschrift