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Der Nichtgewählte an die Wähler.
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Der NichtgewÄhlte an die Wähler.

Zerrüttung Deutschlands muß die wahre Freiheit mit Hilfe von Ausländern vder solchen, die es zn sein verdienten, verteidigt werden! Wehe!"

Dann muß doch das Gewissen der Nation sich rühren. Ja so, das Ge­wissen der Nation sind ja, dem Organ des Herrn Hänel zufolge, eben die Frei­sinnigen. Das ist wieder ein sehr schöner Vergleich, und wäre Herr Hänel nicht so würdevoll, möchte ich ihm den Ehrennamender Gewissensbissige" zuerkennen, den er jedoch besser dem bissigen Fraktionshaupt überlassen wird. Von andrer Seite ist vorgeschlagen worden, die Partei, welche schon so oft die Firma ge­wechselt hat, nunmehrdie Gewissen" zn nennen. Allein das klingt ein wenig zu pathetisch, entsprechend dem Kieler Professor, welcher so entschiedenes Talent für das bürgerliche Drama mit gutem Ansgang an den Tag legt. Populärer und, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, auch bezeichnender wäre ein Ausdruck, welchen die Partei einem ihrer größten Heiligen, Ludwig Vorne, zu entlehnen schwerlich Anstand nehmen wird:Die Reue des Magens." Derselbe böte uoch den Vorteil, daß für die verschiednen Schattirungcn des Freisinns Unterzeichnungen zur Verfügung stünde», vonKatzenjammer" bisSod­brennen," lauter Ausdrücke, welche an die Überladung des Magens erinnern. Und die Aufgabe scheint ja Herr Hänel seiner Partei zuzuweisen, daß sie durch ihr bloßes Vorhandensein all die Belästigungen, den sanern oder faden Ge­schmack, die Mattigkeit und Appetitlosigkeit wieder ius Gedächtnis rufe, deren sich die Nation zu erfreuen hatte, als sie noch unter der Behandlung freisinniger Ärzte stand.

Und somit, meine Herren, fahren Sie fort, gegen die freisinnigen Kandi­daten zu stimmen, das kann nur zum Guten führen. Endlich wird jeder ein­sehen, daß Wühler, welche Mißbrauch mit dem Wahlrecht treibe», des Wahl­rechts unwürdig sind, und daß nur diejenigen Stimmen Giltigkeit haben können, welche auf Freisinnige fallen. Sie werden vielleicht sagen, das würde gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung aller Staatsbürger verstoßen. So wissen Sie denn nicht, daß Grundsätze nur so lange gelte», als sie nützlich sind? Wir entschiednen Liberalen haben soeben erst eine besondre Moral für Künstler verlangt; glauben Sie etwa, wir würden damit auch andern Exemptionen das Wort reden, unsern Abscheu gegen eine besondre Standcsehre u. s. w. aufgeben wollen? Mit Nichten! Ein echter deutscher Freisinniger kann keinen Junker leiden, doch den Ausspruch Junker Alexanders gebraucht er gern!