Beitrag 
Das Malerische in der Plastik.
Seite
340
Einzelbild herunterladen
 

340

Bus Malerische in der Plastik,

Höchst beachtenswert ist um dies einschaltungsweise zu bemerken, was Brnnn in der schon oben zitirten Abhandlung über diese Reliefmerke in archi­tektonischer Beziehung sagt, Conze stellt sie in stilistischer Hinsicht mit den Bildwerken des pergamenischen Altarbaucs zusammen, indem er nicht bloß den kleinern Reliefs des letztern, sondern nnch dem Gigantenfries einen entschieden malerischen Charakter zuschreibt, während Brunu in eben jener Abhandlung in scharfsinniger und geistreicher Auseinandersetzung nachweist, daßdas Relief der Gigautomachic seiner innersten Natur uach keineswegs malerisch, sondern durchaus architektonisch gedacht ist."*) Durch einzelne scheinbare oder wirkliche malerische Elemente dürfe man sich darüber uicht täuschen lassen. Eine Anordnung der Figuren in mehrfach abgestuften Gründeu finde sich hier nirgends, von einer malerische» Vertiefung des Grundes könne nicht die Rede sein, vielmehr herrsche liberall nur ein einziger Grund, der Kern des Sterevbats, des Unterbaues, an welchem der Fries seine Stelle hatte. Der Flächencharakter des Grundes und damit zugleich der Eindruck des Unterbaues als einheitlicher tragender Masse ist in der That durchgeheuds festgehalten; der Fries hat im ganzen einen tektonisch-dekorativen Zweck, er sollte in feiner Gesamterscheiuung zur Unterstützung und Hebung des architektonischen Eindruckes dienen. Anders verhält es sich mit den Reliefs am Grabmal der Julier. Diese haben, indem sie innerhalb des architektonischen Ganzen dnrch eine Umrahmung in bestimmter Weise begrenzt sind, einen selbständig dekorativen Charakter; sie sinddnrch Eckpfeiler begrenzt, und au der obern Umrahmung hängen dicke, von Eroten getragne Guirlanden herab: wir blicken also in einen der Idee nach offnen Raum, in eine Tiefe, nicht auf den festen Kern eines Stcreobats. Hier also haben »Reliefgemälde« ihre prinzipiell berechtigte Stelle," Am Unterban des pergamenischen Altars wäre eine derartige malerische Behandlung des Reliefs nicht am Platze gewesen, sie hätte dnrch den Schein räumlicher Tiefe den Eindruck des Unterbaues als geschlossener Masse von mächtiger Tragkraft notwendig aufgehoben und somit der architektonischen Bedeutung desselben widersprochen.

Was die kleinern pergamenischen Reliefs betrifft, die eine entschieden malerische Behandlung zeigen, so hat sich bis jetzt noch nicht mit Sicherheit nachweisen lassen, an welcher Stelle des Baues sie angebracht waren, daher mau auch nicht sagen kann, inwieweit ihr Verhältnis zur Architektur die malerische Be- haudluugsweise rechtfertigte.

Uutcr welchen Bedingungen eine derartige Reliefbehcmdlnng in sich selbst gerechtfertigt erscheine, in welchen Fällen das darin künstlerisch Gewollt? als gelungen zu bezeichnen sei, diese weitere Frage, um die eS sich jetzt vor­nehmlich handeln wird, hätte im wesentlichen für gelöst zn gelten, wenn sich der Punkt näher bestimmen ließe, bis zu welchem die perspektivische Verkürzung

*) Vergl. auch Overbeck, Geschichte der griechischen Plastik, 3. Aufl., S. 2S0.