Das ehrengerichtliche Verfahren gegen Rechtsanwälte.
225
kein Mann mehr in den Jahren, wo man mit der Zukunft rechnen kann, und wo man Verwicklungen mit Energie zu begegnen imstande ist. Es sieht trübe aus im Westen.
Das ehrengerichtliche Verfahren gegen Rechtsanwälte.
2. (Schluß.)
ir haben in dem ersten Artikel eine Zusammenstellung der Fälle gegeben, in welchen der Ehrengerichtshvf für Nechtsanwälte im Laufe von fünf Jahren thätig gewesen ist. Diese Zusammenstellung dürfte schon an sich ein gewisses allgemeines Interesse haben. Wir wollen aber auch noch einige Betrachtungen daran knüpfen. Die Stellung eines Rcchtsbcistcmdes der Parteien im Prozesse kann ganz verschieden gedacht werden. Man kann davon ausgehen, daß grundsätzlich die Partei sich selbst im Prozesse zu vertreten habe, und daß, wenn sie einen Beistand oder Vertreter sich wähle, dies lediglich ihre Sache sei. Die Konsequenz dieses Gedankens würde nicht allein die sein, daß die Partei von jedem Anwaltszwange frei wäre, sondern auch, daß jede Partei, selbst im Falle ihres Sieges, die Kosten eines von ihr angenommenen Rechtsbeistandes aus eigner Tasche zu tragen hätte. Dann brauchte man weder eine Gebührenordnung noch eine Disziplinarordnung für die Partcivertreter. Die Partei, welche einen solchen annähme, thäte es lediglich auf ihre Gefahr und ihre Kosten, und es könnte ihr überlassen bleiben, ihr Verhältnis zn demselben durch Vereinbarung zu sichern. Unsre Gesetzgebung geht aber von einem andern Grundsatze aus. Schon die Bestimmung, daß in der Verpflichtung zum Kostenersatz auch die Pflicht, die Gebühren eines von der Gegenpartei angenommenen Nechtsauwaltes zu ersetzen, begriffen sei, läßt die Annahme eines solchen als ein vollkommenes Recht jeder Partei erscheinen. Aber dieses Recht wird in allen wichtigeren (landgerichtlichen) Sachen auch zur Pflicht, weil iu diesen das Gesetz die Vertretung der Partei- rechte durch einen Anwalt fordert. (Nur der Anwaltsstand hat das Privileg, daß seine Mitglieder sich selbst im Prozesse vertreten dürfen.) Durch diesen Anwaltszwang ist der Anwalt ein ergänzendes Glied der gesamten Rechtsordnung geworden. Er ist gerade so notwendig im Prozesse wie der Richter. Zwingt nun das Gesetz die Nechtsuchenden, sich zur Verteidigung ihrer Rechte (die sie vielleicht eben so gut selbst üben tonnten) sich eines Anwalts zu bedienen, so hat es auch die Pflicht, den Rechtsuchenden in diesem ihnen cmf- Grenzbotcn IV. 1335. 29