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Notizen.
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Notizen.

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die oft mit großer Ruhe alle möglichen unwahren Mitteilungen leichten Herzens in die Welt hinausposaunen, von sich behaupten können, mag dahingestellt bleiben.

Aus dem Bereich der höheren Schulen. Vor einigen Tagen schrieb ein Professor, er habe sich zu der erledigten Direktorstelle an einem (städtischen) Real­gymnasium gemeldet uud habe erfahren, daß er der vierundachtzigste Bewerber um diese Stelle fei. Es giebt in Preuße», so viel ich weiß, nur neunzig Realgym­nasien; wie tröstlich ist es für diese, daß sie für vorkommende Fälle nicht in Not um ihre Direktoren kommen! Der erzählte Fall ist nicht bloß eine neue Bestätigung unsrer akademischen Überproduktion, sondern auch unangemessener Beförderungs­verhältnisse bei den Lehrern au höheren Schulen. Der Jnstizminister in Preußen hat seiner Zeit verfügt, für gewisse höhere Stellen erwarte er niemals Meldungen. Das geht iu der Justizverwaltung wohl cm, wo ein gesetzlich gesichertes Beförde­rungswesen besteht, wo ein jeder sich aus dem amtlichen Verzeichnis seinen Ort so ziemlich herauslesen kann. Aber der Lehrer an höheren Schulen kann das nicht. Seine Behörden, oder richtiger gesagt seine Nntritoren", sind nicht dieselbe»; Staat, Stadt, Patro» teilen sich in das Geschäft der Vorsehung. Da muß der Einzelne sich selbst helfen durch unausgesetzte rege Aufmerksamkeit ans die Hand­haben, die die Vorsehnng bietet. Da sich uuter den Lehrern in den letzten Jahren eine höhere Wertschätzung vereinter Vertretung ihrer Standesinteressen regt, so ist zu hoffen, daß dadurch sich gewisse Bedürfnisse ans diesem Gebiete mit einem bessern Nachdruck bei denjenigen Faktoren geltend machen, die etwas thnn können. Als Vorbedingung gehört dazu freilich auch eiue größere Strenge bei der Ansstellung der Staatsprüfungszeugnisse. Im größten Teile Deutschlands, in Preußen, giebt es nach dem Reglement vom 12. Dezember 1366 einen dritten Zeugnisgrad. Es war begreiflich, daß man in jenen Zeiten, wo es an Lehrkräften noch mangelte, auch geringeren Leistungen den Zutritt offen hielt. Aber jetzt braucht mau diese Nachsicht nicht mehr zu üben, und man sollte sie schvu deshalb nicht üben, weil gerade die ungleiche Ausbildung und Befähigung der Schulamtskandidaten, die sich freilich aus diesem Gebiete nie völlig beseitigen läßt, ganz anders als bei den Rechts- kandidaien die Beförderungsordnung erschwert. Anch sonst ist in dem erwähnten Prüfuugsreglement manches, was der Abänderung bedürfte, wie z. B. die Nach- Prüfuugsbestimmuugen, Daß eine wirkliche Reform jenes Reglements ihre Schwierig­keiten hat, geht daraus fchon hervor, daß sv erfahrene, auch im Organisiren er­fahrene Männer, wie wir sie als vortragende Räte im Unterrichtsministerium iu Berlin haben, seit Jahren mit Vorschlägen beschäftigt sind, ohne zum Ziele zu kommen.

Eine nicht unwichtige Maßregel ist noch zu erwähnen. Sie betrifft die letzte Revision der Abiturientenarbeiten in Preußen durch die wissenschaftliche Prüfnngs- kommissiou der betreffenden Provinz. Nach der etwas bedenklichen Praxis großer Berliner Zeituugen ist die Verfügung des Herrn Ministers von Goßler vom 15. Juli schon im Sommer dein Publiknm mitgeteilt worden, bevor die Kreise, für die sie bestimmt war, amtlich etwas davon erfuhren. Die Sache ist also die, daß seit 1816 die alljährlich neu ernannten Mitglieder der für die Provinz be­stimmten Prüfnngskommisswnen außer ihren sonstigen Verpflichtungen auch die Auf­gabe hatten, die schriftlichen Arbeiten der Abiturienten zu revidiren. Die Themata fchon, obgleich diese das Provinzialschulkollegium dnrch den Kommissarins auswählen läßt, verfielen dem wissenschaftlichen Urteil. Aber die Hauptsache blieb doch, daß mau den korrigirenden Lehrer beaufsichtigte, ob er Fehler übersehen habe, oder ob er umgekehrt Richtiges angestrichen habe; ob er die Leistung zu günstig beurteilt Grmzbvtcn IV. 1L85. 27