Hg Die beabsichtigten Änderungen und Ergänzungen des Gerichtsverfassungsgesetzes ;c.
welche für sämtliche Sachen ausgelost oder abgelehnt werden, ist crfahrungs- mäßig gering, und derjenige, welcher für einen halben oder einen ganzen Tag ausfällt, kann doch wegen der Entfernung seines Wohnortes vom Schwur- gerichtsfitze auf diese kurze Zeit nicht nach Hause, da nicht alle Geschwornen an Eisenbahnstationen wohnen. Fällt aber bei einer längern Sitzungsperiode mehr als einer der im voraus bestimmten Geschwornen (für einen soll ein Ergänzungsgcschworner gezogen werden) aus, was auch der Erfahrung nach keineswegs selten ist, so war doch die ganze Arbeit umsonst geschehen. Und wie wenig wahrscheinlich ist es, daß bei mehreren auf einen Tag angesetzten Verhandlungen alle Beteiligten sich auf dieselben Geschwornen einigen! Nein, die Absicht ist gut, den Geschwornen Erleichterung zu verschaffen, aber auf dem im EntWurfe vorgeschlagenen Wege ist es nicht möglich. Vielleicht ließe sich aber auf andre Weise Abhilfe der jetzt empfundenen Übelstände schaffen, nnd ich möchte hier einen Gedanken aussprechen, dessen Durchführung zwar scheinbar die Last vergrößert, in Wahrheit aber erleichtert, und der unter voller Beibehaltung des jetzigen Schwurgerichtes dasselbe unter Beseitigung manches andern Ubelftcmdes dem Organismus der ordentlichen Gerichte einverleiben würde und gleichzeitig durch analoge Übertragung auf die Schöffengerichte auch für diese eine Vereinfachung der Organisation zur Folge Hütte. Ich muß, um dies darzulegen, etwas weiter ausholen.
Die Schwurgerichte bilden jetzt selbständige Gerichte, nnd ihre Berzirke sind vielfach aus mehreren Landgerichtsbczirkcn zusammengesetzt, sie können deshalb nur periodisch zusammentreten und haben dann alle spruchreifen Sachen ihres Bezirkes abzuurteilen. Es hat dies für den Angeklagten den nicht zu unterschätzenden Nachteil, daß er oft monatelang auf die Aburteilung seiner Sache warten muß, die Verhandlung gewinnt nicht, wenn zwischen der That nnd der Aburteilung derselben längere Zeit liegt, der Fiskus aber hat, abgesehen von den längeren Verpslegungskosten für den Angeklagten, bedeutende Beträge an Diäten und Reisekosten für die aus dem ganzen Schwnrgerichtsbezirke zusammenkommenden Geschwornen, Nichter, Staatsanwälte, Zeugen und Sachverständige zu zahlen, die Geschwornen endlich werden dadurch häufig auf längere Zeit, oft wochenlang ihrem eigentlichen Berufe entzogen, nicht zu gedenken der vielen mit der Bildung des Schwurgerichts zusammenhängenden Schreibereien. Alles dies wäre zu vermeiden, wenn die Schwurgerichte als selbständige Gerichte beseitigt und die §Z 79 und 80 des Gerichtsverfafsungsgesetzes, welche jetzt lauten:
s 79. Für die Verhandlung und Entscheidung von Strafsachen treten bei den Landgerichten periodisch Schwurgerichte zusammen.
§ 80. Die Schwurgerichte sind zuständig für die Verbrechen, welche nicht zur Zuständigkeit der Strafkammern und des Reichsgerichts gehören etwa dahin abgeändert würden: