Beitrag 
Wein- und Obstbau in Deutschland.
Seite
18
Einzelbild herunterladen
 

18

Wein- und Obstbau in Deutschland.

diese Winde, und sie finden keine Berge und keine großen Wälder, die ihren eisigen Hauch brechen; erst die Länder am Ostseestrande selbst müssen sich dazu her­geben, die kalten Winde abzuschwächen, um sie dann in diesem Zustande nach Mitteldeutschland gelangen zu lassen. Dieses Verhältnis ist so charakteristisch, daß von gewissen Gegenden, z. B. Ostpreußens, ausdrücklich berichtet wird, das Klima sei früher infolge des Vorhandenseins ausgedehnter Wälder in der Um­gegend besser gewesen, und daß das milde Klima von Elbing, dempreußischen Nizza," gewiß wesentlich durch den waldigen Höhenzug beeinflußt wird, welcher gerade nordöstlich von ihm das frische Haff bis nach Frauenburg begleitet. Es mag also Wohl sein, daß das Verschwinden der Wälder in Nordoftdeutsch­land weite Striche schutzlos gegen die rauhen Winde gelassen und dadurch ihr Klima einigermaßen verschlechtert oder ihre Fähigkeit, feinere, empfindlichere Prvdulte hervorzubringen, verringert hat. Den zweiten Punkt bilden die rauhen Winde" selbst. Es scheint manches dafür zu sprechen, daß die in Jnuerasieu nicht seit Mcnschenaltcrn oder Jahrhunderten, sondern seit Jahr­tausenden im Gange begriffnen Entwaldungen das dortige Klima iu ungünstigster Weise beeinflußt, insbesondre jene eisigen Stürme (Burane) hervorgerufen haben, welche heute so oft iu verderbenbringender Weise über die turcmischen Steppen rasen, und daß eine gewisse Rückwirkung hiervon auf Europa oder doch auf Osteuropa heute schon wahrnehmbar geworden ist. Das alte Baktrien und noch die Heimat Timurs ist allem Anscheine nach allerdings ein andres, fruchtbareres und wohnlicheres Land gewesen als das heutige Turau, und es steht nichts der Annahme entgegen, daß dort, wie in andern Teilen Asiens, die Wirkungen der Entwaldung, die wir so vielfach im kleinen beobachten können, im großen zutage getreten sind. Daß aber die rauhen Winde aus jenen Ländern sich in das europäische Rußland und noch bis zu den westlichen Grenzländern desselben fortpflanzen, ist in neuerer Zeit mehrfach von urteilsfähiger Seite behauptet worden. Auch hier könnten wir es also in der That mit einem sehr reellen Faktor einer Verschlechterung unsrer klimatischen Verhältnisse zu thun haben, und leider spricht einstweilen nichts dafür, daß die russische Verwaltung die Wurzel dieser Verschlechterung, die Ausrodung der Wälder, zu beseitigen be­strebt sein werde; es scheint im Gegenteil unter russischer Herrschaft mit der­selben je länger je ärger zu werden. Trotzdem legen wir unsrerseits auf diese vermutlichen und in der That möglicherweise vorhandenen Ursachen eines etwas rauheren Klimas kein entscheidendes Gewicht. Es mag, wie gesagt, wohl sein, daß zuweilen ein rauherer Wind kommt als in früheren Jahrhunderten und daß derselbe auf ungeschütztere Striche trifft als damals. Aber daß hier­durch ein wahrnehmbarer Einfluß auf die Durchschuittstemperatur dieser Striche im Vergleich zu derjenigen in der Ordenszeit ausgeübt würde, glauben wir trotzdem nicht, aus dem einfachen Grunde nicht, weil alle die Angaben, die wir aus der Ordcnszcit über damalige klimatische Verhältnisse, Wittcrungserschcinungen,