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Der Notstand des Privatkapitals.
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Der Notstand des Privatkapitals.

Das werbende Nationalkapital besteht aus einer unendlichen Anzahl großer, kleiner und kleinster Beträge; sie alle suchen zinstragende Verwendung und bilden in ihrer Totalität das Gesamtangebot. Nun aber besteht, wie bereits oben bemerkt wurde, ein sehr namhafter Teil der Kapitalien aus so kleinen Beträgen, daß sie unterhalb der Grenze der Verwendbarkeit, der Ausleihe fähigkeit bleiben. Diese Grenze schiebt sich höher und höher hinauf, wenn es sich um den großen Kapitalbedarf der Industrie, der Gemeinden, der Staaten handelt, oder um solche Riesensnmmen, wie sie die Durchstechung der Landengen von Snez nnd Panama oder die Zahlung der Kriegsentschädigung erforderte, welche Frankreich 1.871 au Deutschland zu leisten hatte. Es ist einleuchtend, daß der allgemeine Trieb des Kapitals zur Anlage die Zusammenlegung der kleinen Beträge zur notwendigen Folge hat, oder daß wie ich es ander­wärts ausgedrückt habe den, Kapital eine zentripetale Kraft innewohnt.

Das Geschäft nun, welches diesem Bedürfnisse des Zusammenlegens genügt, ist an und für sich ein durchaus berechtigtes, ja in hohem Grade nützliches und sür die Nationalwirtschaft kaum entbehrliches. Es wird von den ver­schiedenartigsten Personen und Anstalten unter sehr verschiednen Namen nnd auf die mannichfachste Art betrieben. Sparkassen sammeln die kleinsten Beträge, Banken und Bankfürsten allein oder in mächtigen Konsortien vereinigen die mittleren Kapitalien, um die Millionen und Milliarden zu beschaffen, wie sie die Großindustrie, die Gemeinden nnd Staaten nötig haben. In allen Fällen ist dies Geschäft sehr gewinnreich, und der Sammler verdient nicht nur eine an­sehnliche Belohnung für seine Mühewaltung, sondern er erwirbt auch den Einfluß, welcher mit der Vcrfüguug über ein großes Kapital verbunden ist; er übt eine Macht aus, die ihm seine Kuuden übertragen, die aber unendlich viel größer ist als die ihrige, weil der Nutzeffekt des angesammelten Großkapitals weit be­deutender ist als die Addition der kleinen Beträge. Der Repräsentant einer Million ist allezeit viel mächtiger als zerstreute und zusammenhangslose tausend Personen, deren jede mir über tausend verfügt. Aus diesen Gründen folgen die Ansammlcr selbst wieder dem zentripetalen Triebe, indem sie sich zu Gesell­schaften, Gruppen, Konsortien verbinden, und so entstehen im Zentrum des Kreises der Kapitalisten jene allmächtigen Geldfürsten, welche mit ihren großen nnd kleinen Vasallen durch die Börse die Welt beherrschen. Mit der fast ab­soluten Gewalt der Hochfinanz ist der Natur der Sache nach Selbstsucht nnd Rücksichtslosigkeit verbunden. Ihre an sich berechtigte und gemeinnützige Funktion, die Geschäfte und Interessen der Kapitalisten zu vertreten, tritt hinter den eignen Vorteil zurück, uud der Mißbrauch der anvertrauten Gewalt ist hier ebenso unvermeidlich, wie er es zu allen Zeiten bei absoluter politischer Gewalt gewesen ist. Die einzige Macht, die ihre Ausschreitungen beschränken könnte, die Presse, steht leider in ihren gutbezahlten Diensten.

Grmzbotm III- IWS. 70